Bürgerentscheid

Tübingen sagt Nein zur Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn

Die Entscheidung ist gefallen: Die Tübinger Bürgerinnen und Bürger lehnen den Bau einer Tramtrasse durch die Stadt ab.

26.09.2021

Von ST

Vor dem Rathaus jubeln die Gegner der Innenstadtstrecke, aber auch Befürworter haben sich am Abend versammelt. Bild: Ulrich Metz

Vor dem Rathaus jubeln die Gegner der Innenstadtstrecke, aber auch Befürworter haben sich am Abend versammelt. Bild: Ulrich Metz

Bis zuletzt hatte Oberbürgermeister Boris Palmer die Werbetrommel für die Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn gerührt, die Bürgermeister der Städte und Gemeinden warben nochmals vor dem Tübinger Rathaus – doch es half nichts. Der Bürgerentscheid am heutigen Sonntag hat ein Votum dagegen ergeben.

Von 68.777 Wahlberechtigten nutzen 30.609 Menschen ihre Nein-Stimme (57,39 Prozent), 22.728 sind für die Innenstadtstrecke (42,61 Prozent). Die Wahlbeteiligung liegt bei 78,41 Prozent. Die Entscheidung ist für den Gemeinderat drei Jahre bindend.

Am Abend erklärte der OB, der sich nicht am Livestream des SWR und des TAGBLATTs beteiligte, per Pressemitteilung: „Das Nein ist klar und gesetzlich für drei Jahre verbindlich. Das ist uneingeschränkt zu respektieren. Es ist kein Geheimnis, dass ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht hätte. Victrix Causa deis placuit sed victa Catoni - die siegreiche Sache gefiel den Göttern, aber die besiegte gefiel dem Cato. Ich ordne mich auf hier auf Catos Seite ein. Der Weg zu einer klimaneutralen Stadt ist mit der heutigen Entscheidung länger und steiniger geworden.“

Weiter schreibt Palmer: Das Nein stelle die Stadtgesellschaft und besonders den Gemeinderat vor eine große Aufgabe: „Wir müssen klären, was nun an die Stelle der geplanten Innenstadtstrecke treten soll. Soll die Idee einer Schienenanbindung der Tübinger Nordstadt vollständig aufgegeben werden oder müssen wir neue Trassenvarianten untersuchen? Soll die erfolgreiche Strategie der letzten 15 Jahre, in Tübingen neue Arbeitsplätze zu schaffen, fortgesetzt oder das Wachstum gestoppt werden? Soll ein Schnellbussystem eingeführt werden? Oder setzt die Stadt primär auf technische Entwicklungen der Mobilität der Zukunft? Oder soll alles bleiben wie es ist?“

Palmer möchte Gegner besser verstehen

Palmer möchte nun dem Gemeinderat eine Nachwahlbefragung vorschlagen, um die Motive der Nein-Wähler besser zu verstehen. Von deren Resultat sollten die weiteren Schritte abhängig gemacht werden: „Ich könnte mir vorstellen, dass die Ergebnisse am besten im Rahmen einer Zukunftskonferenz zur Stadtentwicklung mit den Schwerpunkten Verkehr, Arbeit und Wohnen zu diskutieren sind.“

Weiter schreibt er: „Die Grundsatzfragen, die sich aus dem Nein ganz neu stellen, sollten wir nicht nur im Gemeinderat diskutieren, dessen Zweidrittelmehrheit zur Stadtbahn von der Bürgerschaft nun überstimmt wurde, sondern mit Beteiligung von Bürgerschaft und Gemeinderat.

Im Zweckverband für die Regionalstadtbahn stehen wir nun ebenfalls vor schwierigen Aufgaben. Ohne die Innenstadtstrecke sind einige Strecken sehr viel schwieriger zu realisieren. Schon in wenigen Wochen müssen wir entscheiden, ob wir Stadtbahnfahrzeuge bestellen, auch wenn diese nur in Reutlingen gebraucht werden. Ich werde mich als stellvertretender Vorsitzender im Zweckverband dafür einsetzen, trotz des Rückschlags am heutigen Tag möglichst viel Regionalstadtbahn auf die Schiene zu bringen.“

Sie stimmten für die Innenstadtstrecke:

  • Französisches Viertel: 64,86 Ja / 35,14 Nein
  • Alter Güterbahnhof: 58,05 Ja / 41,95 Nein
  • Marktplatz: 56,69 Ja / 43,31 Nein
  • Innenstadt Nord-Ost: 55,33 Ja / 44,67 Nein
  • Hechinger Eck: 54,09 Ja / 45,91 Nein
  • Bebenhausen: 51,95 Ja / 48,05 Nein
  • Sternplatz: 50,61 Ja / 49,39 Nein
  • Universität: 50,54 Ja / 49,46 Nein
  • Föhrberg: 50,39 Ja / 49,61 Nein

Sie stimmten gegen die Innenstadtstrecke:

  • Hagelloch: 27,95 Ja / 72,05 Nein
  • Pfrondorf: 28,89 Ja / 71,11 Nein
  • Waldhäuser Ost I: 32,01 Ja / 67,99 Nein
  • Hirschau: 32,73 Ja / 67,27 Nein
  • Horemer: 33,33 Ja / 66,67 Nein
  • Weilheim: 34,66 Ja / 65,34 Nein
  • Wanne-Süd: 34,96 Ja / 65,04 Nein
  • Derendingen: 35,71 Ja / 64,29 Nein
  • Burgholz: 36,06 Ja / 63,94 Nein
  • Österberg: 37,70 Ja / 62,30 Nein
  • Lustnau Zentrum: 38,82 Ja / 61,18 Nein
  • Herrlesberg: 39,51 Ja / 60,49 Nein
  • Bühl: 39,62 Ja / 60,38 Nein
  • Lustnau Nord: 39,95 Ja / 60,05 Nein
  • Winkelwiese: 40,35 Ja / 59,65 Nein
  • Denzenberg: 40,83 Ja / 59,17 Nein
  • Unterjesingen: 41,12 Ja / 58,88 Nein
  • Schönblick: 41,14 Ja / 58,86 Nein
  • Hasenbühl: 41,67 Ja / 58,33 Nein
  • Steinlach: 42,65 Ja / 57,35 Nein
  • Gartenstraße: 43,40 Ja / 56,60 Nein
  • Feuerhägle: 43,96 Ja / 56,04 Nein
  • Galgenberg: 44,50 Ja / 55,50 Nein
  • Kilchberg: 44,76 Ja / 55,34 Nein
  • Aischbach: 45,27 Ja / 54,73 Nein
  • Neckartor: 45,58 Ja / 54,43 Nein
  • Pfalzhalde: 45,80 Ja / 54,20 Nein
  • Wanne-West: 46,04 Ja / 53,96 Nein
  • Mühlenviertel/Gartenstadt: 46,22 Ja / 53,78 Nein
  • Haagtor: 46,68 Ja / 54,42 Nein
  • Frischlinstraße: 47,02 Ja / 52,98 Nein
  • Alte Weberei: 47,27 Ja / 52,73 Nein
  • Lustnau West: 47,30 Ja / 52,70 Nein
  • Volksgarten: 47,32 Ja / 52,68 Nein
  • Schellingstraße: 47,42 Uhr / 52,58 Nein
  • Wennfelder Garten: 47,95 Ja / 52,05 Nein
  • Waldhäuser Ost II: 48,74 Ja / 51,26 Nein
  • Schnarrenberg: 49,90 Ja / 50,10 Nein

Der Rest der Stimmen wurde per Briefwahl abgegeben.

Stimmen gibt es im Live-Stream von TAGBLATT & SWR: