370 Euro für eine Studentenbude

Tübingen bei Mietpreisen für Studenten in der Spitzengruppe

Eine Studie hat untersucht, was Studierende in Uni-Städten für ihre Wohnung zahlen müssen. Tübingen ist ein teures Pflaster – es liegt auf Platz 7 von 93.

07.09.2017

Von Volker Rekittke

1721 der insgesamt 3655 Tübinger Wohnheimplätze des Studierendenwerks sind im Studentendorf auf Waldhäuser Ost. Archivbild: Metz

1721 der insgesamt 3655 Tübinger Wohnheimplätze des Studierendenwerks sind im Studentendorf auf Waldhäuser Ost. Archivbild: Metz

Der Preis für eine Studentenbude steigt in Tübingen immer weiter an: Durchschnittlich 370 Euro müssen Studierende mittlerweile für ein WG-Zimmer berappen. In den Jahren zuvor waren es im Schnitt etwa 350 Euro. In einem Mieten-Vergleich aller 93 Hochschulstädte mit mehr als 5000 Studierenden rangiert Tübingen aktuell auf Platz 7. Vergangenes Jahr war die 86000-Einwohner-Stadt noch auf Platz 9 der Kommunen mit dem angespanntesten Wohnungsmarkt gelandet, so eine Untersuchung des Berliner Moses-Mendelssohn-Instituts (MMI) und des Internetportals WG-Gesucht.de. Am schwierigsten ist die Zimmer-Suche in München, gefolgt von Hamburg, Stuttgart, Köln, Frankfurt und Freiburg.

Untersucht wurden in der Studie im Auftrag des Immobilienentwicklers GBI unter anderem: die Immobilienpreise, speziell die Preise für Zimmer in Wohngemeinschaften, die Entwicklung der Studierenden- und Erstsemester-Zahlen, die Altersstruktur der Bewohner, die Quote geförderter Wohnheime wie auch die Attraktivität von Universität und Stadt für in- und ausländische Studierende.

370 Euro für ein WG-Zimmer – damit liegt Tübingen deutlich über der laut BAföG-Satz angesetzten offiziellen Wohnkostenpauschale von 250 Euro. Neben Cottbus gibt es laut MMI-Studie nur vier weitere, ebenfalls in den neuen Bundesländern liegende Städte, in denen die durchschnittlichen WG-Mieten unter 250 Euro liegen. Der Direktor des Mendelssohn-Instituts, Stefan Brauckmann, kritisiert die zu niedrige BAföG-Pauschale: „Sie spiegelt die Situation gerade in nachgefragten Hochschulstädten in keiner Weise wider.“

Während der „Anspannungsindex“ in München sich seit 2013 fast nicht geändert hat, waren deutliche „Aufholeffekte“ zum Beispiel in Hamburg zu beobachten. Dort erhöhte sich der Score-Wert im gleichen Zeitraum um zehn Punkte. Auch in Städten wie Tübingen, Nürnberg, Leipzig, Rostock, Kassel, Fulda, Oldenburg, Essen oder Marburg ist eine Trendwende bei der Wohnungssuche nicht in Sicht ist. Im Gegenteil: Dort hat sich die Wohnsituation zum Teil deutlich verschärft. „Wir messen auch im fünften Jahr der Untersuchung einen Anstieg des bundesweiten Durchschnittswertes, der sich nicht allein durch die allgemeine Teuerungsrate erklären lässt“, so Brauckmann.

„Das überrascht mich nicht“, sagt Thomas Keck. Der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes Reutlingen-Tübingen kritisiert schon länger, dass in Tübingen trotz Bau-Boom immer noch nicht ausreichend bezahlbarer Wohnraum entsteht – und es nicht genügend Wohnheimplätze für Studierende gibt: „Da tut sich viel zu wenig“, so Keck. „Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, in dem 2016 weniger Wohnungen als im Vorjahr fertiggestellt wurden.“

Die Schaffung zusätzlicher Wohnheimplätze durch die Ausweitung der Wohnbauförderung kann laut Stefan Brauckmann vom Mendelssohn-Institut nur eine Lösung sein: „Vor dem Hintergrund, dass die Mehrheit der Studierenden auf dem freien Wohnungsmarkt nach einer Bleibe für sich allein oder in Gemeinschaft sucht, sollte zum einen die BAFöG-Wohnkostenpauschale endlich an die lokalen Gegebenheiten angepasst werden.“ Außerdem brauche man vor allem in den gefragten Studentenstädten schlichtweg mehr Wohnraum, der die Bedürfnisse junger Menschen bezüglich Lage, Preis und Konzept erfüllt.

Studierendenwerk baut in Tübingen frühestens in vier Jahren neues Wohnheim

3655 Wohnheimplätze bietet das Studierendenwerk (Stuwe) Tübingen-Hohenheim in Tübingen an. Laut dem stellvertretenden Stuwe-Geschäftsführer Tilmann Beetz ist das bei mehr als 28 000 Studierenden im vergangenen Wintersemester eine Versorgungsquote von etwa 13 Prozent. Jedes Wintersemester werden rund 700 Zimmer neu vermietet. Bei 253 Euro liegt die durchschnittliche Warmmiete für ein Zimmer – sie ist damit deutlich niedriger als die vom Mendelssohn-Institut errechneten 370 Euro Durchschnittsmiete für die Studentenbude.

Neubauten mit günstigen Studibuden wird es in Tübingen allerdings frühestens ab 2020 geben – nach aktuellem Stand „eher später“, so Stuwe-Vize Beetz. Das gilt für den geplanten Schiebeparkplatz-Bau eines Studentenwohnheims nebst Wohnhaus für internationale Uni-Gäste. Und auch der Abriss sowie der danach doppelt so große Neubau des Studentenwohnheims Pfrondorfer Straße 36 muss noch mindestens vier Jahre warten.