Landtag

„Total unbefriedigend“

Kritische Fragen im Innenausschuss an Stuttgarter OB Nopper wegen ausgeuferter „Querdenker“-Demo.

13.04.2021

Von ROLAND MUSCHEL

Verteidigt sich: Stuttgarts OB Frank Nopper. Foto: Marijan Murat/dpa

Verteidigt sich: Stuttgarts OB Frank Nopper. Foto: Marijan Murat/dpa

Stuttgart. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat für weitere Proteste gegen Corona-Maßnahmen strenge Auflagen gefordert. „Ein Verlauf wie am Karsamstag in Stuttgart mit kollektiven Verstößen gegen die Abstands- und Hygieneregeln darf sich nicht wiederholen“, sagte er in einer dreieinhalbstündigen Sondersitzung des Innenausschuss des Landtags zu der ausgeuferten „Querdenker“-Demonstration am Karsamstag in Stuttgart. Wer so agiere, verhalte sich „asozial“.

Bei der Demonstration mit bis zu 15 000 Teilnehmern hatte es massenhaft Verstöße gegen das Masken- und Abstandsgebot und Übergriffe auf Journalisten gegeben. Die operative Ebene der „Querdenken“-Organisation werde zu Recht vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet, sagte Strobl. Er verteidigte zugleich die Entscheidung der Polizei, die Versammlung nicht aufzulösen; dies sei unter den Gesichtspunkten Besonnenheit und Verhältnismäßigkeit richtig gewesen.

Eine Auflösung wäre keine Lösung gewesen, betonte auch Carsten Höfer, der den Polizeieinsatz am Karsamstag geleitet hat. Die Situation sei für die Polizei aber „total unbefriedigend“ gewesen.

Bohrenden Fragen sah sich der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) ausgesetzt, weil er die Versammlungen genehmigt hatte. Nopper kritisierte das „rücksichtslose“ Verhalten der Masken-Verweigerer, verteidigte aber seine Linie als alternativlos: Dass die Auflagen systematisch unterlaufen werden würden, sei nicht absehbar und ein Verbot daher rechtlich nicht möglich gewesen. Hinterher sei man immer schlauer.

„Die Frage ist: Hätte man vorher schlauer sein können?“, hielt der SPD-Innenexperte Sascha Binder dem OB entgegen. Nopper wiederum rief das Land auf, nun gemeinsam mit der Stadt nach vorne zu schauen. „Leitschnur sollte sein: Suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen.“

„Herr Oberbürgermeister, ich lasse Sie nicht so einfach aus der Verantwortung“, konterte der Grünen-Innenexperte Ulrich Sckerl. Zuvor seien bereits in Leipzig und Kassel Demonstrationen aus dem Ruder gelaufen, „alle unter Federführung der ,Querdenker'-Stuttgart. Man wusste, wenn man wollte, worauf man sich da einlässt.“

Auch Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) widersprach Nopper: Es hätte durchaus ein Verbot ausgesprochen werden können, da eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden habe. Der frühere Justizminister Ulrich Goll sagte, eine Veranstaltung dieser Art und Größe müsse das nächste Mal verboten werden. An diesem Donnerstag beschäftigt sich der Stuttgarter Gemeinderat in einer Sondersitzung mit der Demo. Roland Muschel