Krimi

Tödlicher Hass aus dem Internet

Im beklemmenden „Tatort“ über Gewalt gegen Frauen bekommen es die Kieler Kommissare mit frustrierten Männern zu tun und tauchen in eine ganz eigene Welt ein.

04.03.2021

Von MW

Gerichtsmedizinerin Kroll (Anja Antonowicz) mit Borowski (Axel Milberg) und Sahin (Almila Bagracik). Foto: Christine Schroeder/dpa

Gerichtsmedizinerin Kroll (Anja Antonowicz) mit Borowski (Axel Milberg) und Sahin (Almila Bagracik). Foto: Christine Schroeder/dpa

Ein „Tatort“ über Gewalt gegen Frauen: Kurz vor dem internationalen Frauentag am 8. März beschäftigt sich der Sonntagskrimi in der ARD mit einem brisanten Thema. Es geht in dem packenden Film mit den Kieler Kommissaren Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) um die Incel-Bewegung, in der sich überall auf der Welt Männer zusammenschließen, die sich von Frauen abgelehnt fühlen und deshalb einen tiefen Hass aufs andere Geschlecht entwickeln.

Wie so viele ungute Strömungen und Entwicklungen spielt sich diese Verachtung hauptsächlich in geschützten Internetforen ab, wo frustrierte Männer über angeblich demütigende Erfahrungen mit Frauen klagen, sich in regelrechte Wutphantasien hineinsteigern und sich gegenseitig zu Gewalt gegen Frauen, aber auch gegen Migranten, Juden oder Schwule aufstacheln – der Menschenhass macht vor kaum etwas Halt, die Grenzen zum rechtsextremen Milieu sind in diesen Chatrooms fließend.

Auch im beklemmenden Krimi „Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer“ (7. 3., ARD) lädt sich ein junger Mann mit diesem Hass im Internet regelrecht auf, bevor er zur Tat schreitet. Der Film, für den die Drehbuchautoren Peter Probst und Daniel Nocke umfassend in der Incel-Szene recherchiert haben (Incel steht für Involuntary Celibate, was übersetzt unfreiwilliges Zölibat bedeutet), ist ein spannender Krimi über ein wichtiges Thema und erzählt zugleich die durchaus tragische Geschichte eines fehlgeleiteten Außenseiters, der keineswegs als gefühlloses Monster gezeichnet wird.

Ein weiterer großer Pluspunkt: Die schon mehrfach mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Regisseurin Nicole Weegmann verzichtet darauf, die Not der Opfer voyeuristisch auszuschlachten, wie das allzu oft in Krimis über Gewalt gegen Frauen geschieht. Ihr Krimi geht in manchen Szenen ans Eingemachte, weidet sich aber nicht am Schrecken und verzichtet fast völlig auf grausame Details.

Der Kieler „Tatort“, in dem die beiden Kommissare voll gefordert sind, beginnt mit einer klassischen weiblichen Angstsituation: Eine Frau wird von bedrohlichen Gestalten in einem nächtlichen Parkhaus verfolgt und überfallen. Die tödliche Gewalttat, um die sich die ersten Ermittlungen von Borowski und Sahin drehen, findet jedoch an anderer Stelle statt: Auf einer verwahrlosten Brachfläche in der Nähe eines Clubs wurde eine mit K.O.-Tropfen betäubte junge Frau brutal misshandelt und getötet.

Der findige Borowski muss am Fundort der Leiche buchstäblich im braunen Schmutz wühlen, um einen ersten Hinweis zu finden, und es gelingt ihm: Der Täter hat die Zahl 14 in den Dreck geritzt, ein Erkennungszeichen amerikanischer Neonazis – es steht für 14 Wörter, die einen Glaubenssatz dieser Bewegung bilden.

Die Spur führt zu Mario Lohse (klasse: Joseph Bundschuh), einem schüchternen jungen Mann, der tagsüber im Parkhaus an der Kasse sitzt und in der fraglichen Nacht im Club mit dem Opfer gesehen wurde.

Sanftmütiger Außenseiter

Der vorübergehend festgenommene Lohse, ein im Grunde seines Herzens eher sanftmütiger Außenseiter, ist ein Anhänger des extrem frauenfeindlichen Populisten Hank Massmann (Arnd Klawitter), der im Internet seine Hassbotschaften verbreitet und von der angeblichen Domestizierung des deutschen Mannes schwadroniert.

Borowski beschließt, dem Hass-Propheten undercover auf den Zahn zu fühlen, seine Kollegin Sahin warnt derweil die Kieler Politikerin Birte Reimers (Jördis Triebel), die Massmann in einer Talkshow Paroli bot und deshalb akut bedroht wird. Als Mario Lohse wieder auf freien Fuß gesetzt wird, sind die Kommissare alarmiert, denn sie ahnen, dass der fehlgeleitete junge Mann eine tickende Zeitbombe ist.

Tatort Check Polizeiruf 110 Pistolenbewertung Foto: Honorarfrei

Tatort Check Polizeiruf 110 Pistolenbewertung Foto: Honorarfrei

Zum Artikel

Erstellt:
04.03.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 43sec
zuletzt aktualisiert: 04.03.2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Prost Mahlzeit
Sie interessieren sich für gutes und gesundes Essen und Trinken in den Regionen Neckar-Alb und Nordschwarzwald? Sie wollen immer über regionale Gastronomie und lokale Produzenten informiert sein? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Prost Mahlzeit!