Videoplattform

Tödliche Tiktok-Mutprobe

Zehnjähriges Mädchen drückt sich beim „Erstickungsspiel“ selbst die Luft ab und stirbt. Justiz und Jugendschutz ermitteln, Betreiber berufen sich auf Warnhinweise.

23.01.2021

Von DPA

Tiktok ändert mehrere Standard-Kontoeinstellungen, um die Nutzung der App sicherer zu machen. Foto: Jens Kalaene/dpa

Tiktok ändert mehrere Standard-Kontoeinstellungen, um die Nutzung der App sicherer zu machen. Foto: Jens Kalaene/dpa

Rom. Der Tod einer Zehnjährigen, vermutlich wegen einer Internet-Mutprobe bei Tiktok, sorgt in Italien für Trauer und aufgewühlte Debatten. Die kleine Antonella hatte sich nach Medienberichten in Palermo auf Sizilien zu Hause mit einem Gürtel bewusstlos gewürgt. Nachdem seine Schwester das Mädchen entdeckte, brachte die Familie es am Mittwochabend ins Krankenhaus. Dort kämpften die Ärzte, mussten aber dann den Hirntod feststellen, wie eine Sprecherin des Hospitals „Di Cristina“ am Freitag bestätigte.

Justiz und Jugendschutz nahmen Ermittlungen zu den Umständen des Todes auf. Medien schrieben, das Mädchen habe an einer sogenannten „Blackout Challenge“ oder „Hanging Challenge“ auf der Video-App Tiktok teilnehmen wollen. Bei so einer gefährlichen Aktion strangulieren sich Teilnehmer und filmen das mit dem Smartphone. Die Bilder zeigen sie in sozialen Netzwerken. Die Polizei untersuche Antonellas Handy, schrieb die Zeitung „La Repubblica“. Ihr zufolge stimmten die Eltern nach dem Hirntod des Kindes einer Organspende durch ihre Tochter zu.

Ein Tiktok-Sprecher erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur Adnkronos: „Wir stehen für die zuständigen Behörden bereit, um bei den Ermittlungen zu helfen.“ Das Unternehmen versuche, Aufrufe zu lebensgefährlichem Verhalten zu stoppen. Der Bürgermeister Palermos, Leoluca Orlando, schrieb auf Facebook, er und vermutlich die ganze Stadt stünden „unter Schock“. Eine Debatte über die Beziehungen junger Menschen zum Smartphone und zu sozialen Netzwerken sei überfällig – „besonders in Zeiten der Pandemie, die uns immer stärker in die digitale Kommunikation hineingetrieben hat“.

In den Medien forderten Psychologen und Jugendexperten am Freitag, gesetzliche Verschärfungen zum Umgang von Kindern mit Handys und sozialen Netzwerken zu erwägen. Es gibt seit Jahren im Netz und in vielen Ländern „Challenges“. Die Herausforderungen sind manchmal lustig, manchmal extrem gefährlich.

So wurde 2014 das Internet-Phänomen „Ice Bucket Challenge“ (Mutprobe mit einem Eiswasserkübel) weltweit bekannt. Vor einem Jahr wurde vor der „Schädelbrecher-Herausforderung“ („Skull-Breaker Challenge“) gewarnt. Videos von Tiktok-Nutzern zeigten, wie sich drei Leute in einer Reihe aufstellen und hochspringen. Dem in der Mitte werden die Füße weggetreten, so dass dieser rücklings fällt. Dabei haben sich Jugendliche Gehirnerschütterungen zugezogen. Auch in Deutschland mussten damals Verletzte behandelt werden.

Das Unternehmen Tiktok verweist darauf, dass es untersagt sei, „andere zu gefährlichen Stunts oder riskantem Verhalten, die zu schweren Verletzungen oder zum Tod führen könnten, zu ermutigen oder ein derartiges Verhalten zu imitieren“. Inhalte, die zu gefährlichen Aktionen aufriefen oder diese verherrlichen, seien auf der Plattform nicht erlaubt. dpa