2. Basketball-Bundesliga Pro A · Update

Tigers Tübingen: Hintergründe zum Spradley-Aus

Die Tübinger suspendieren Douglas Spradley nach einem halben Jahr, weil die Playoffs in Gefahr sind und das Team unzufrieden ist.

01.01.2020

Von Vincent Meissner

Letzte Dienstreise: Das Auswärtsspiel in Schwenningen war Douglas Spradleys (Mitte) letztes Spiel als Tigers-Trainer. Sein bisheriger Assistent Andrew Hipsher (rechts neben ihm) übernimmt die Mannschaft als Interimscoach. Bild: Ulmer

Letzte Dienstreise: Das Auswärtsspiel in Schwenningen war Douglas Spradleys (Mitte) letztes Spiel als Tigers-Trainer. Sein bisheriger Assistent Andrew Hipsher (rechts neben ihm) übernimmt die Mannschaft als Interimscoach. Bild: Ulmer

Im Gespräch mit dem TAGBLATT sagt Tigers-Manager Robert Wintermantel zu den Gründen der Entlassung: „Ich bin niemand, der nachtreten will. Aber wir haben gesehen, dass dringend ein Impuls nötig ist.“ Die Entwicklung der Mannschaft hatte die Verantwortlichen nicht zufriedengestellt: „Wir wollten da einen Trend sehen“, sagt Wintermantel. Doch der ging seiner Auffassung nach eher in die falsche Richtung.

Auch aus der Mannschaft hatte Wintermantel „deutliche Signale“ erhalten. „Mehr will ich nicht sagen.“ Der Vorsitzende des Stammvereins SV 03 Tübingen Gunther Volck wird deutlicher: „Er hat die Mannschaft bis auf wenige Spieler, die schon da waren, selbst mit ausgesucht. Wenn ein Trainer dann der Meinung ist, dass die Mannschaft nicht stark genug ist, frage ich mich, was er ausgesucht hat.“

In einer Pressemitteilung am Neujahrstag zitieren die Tigers Wintermantel mit den Worten: „Der Auftritt und die Entwicklung in den jüngsten Spielen waren für uns nicht zufriedenstellend und gleichzeitig besorgniserregend.“ Volck sagte dem TAGBLATT: „Es war einfach nicht das Vertrauen da, dass wir das Ziel Playoffs, das uns so wichtig ist, erreichen.“

Spradley selbst wollte sich nicht äußern: „Ich denke, es ist besser, wenn ich im Moment nichts dazu sage“, schrieb der 53-Jährige auf die TAGBLATT-Interviewanfrage.

Nach dem Ende der Hinrunde stehen die Tigers zwar mit 8 Siegen und 8 Niederlagen nur wegen des verlorenen direkten Vergleichs nicht auf einem Playoff-Platz. „Knapp dran sein an einem Ziel und es erreichen, sind aber zwei Paar Schuhe“, sagt Wintermantel. „Vor allem, wenn du einen falschen Trend siehst.“

Die Derby-Niederlage am Samstag bei Aufsteiger Schwenningen sorgte endgültig für die Entscheidung, sich von Spradley zu trennen: „Das war in der zweiten Halbzeit ein Offenbarungseid“, sagt Wintermantel. Die Schwenninger spielten fast drei Viertel der Partie mit einer Zonenverteidigung und brachten die Tigers damit zur Verzweiflung. „Dass wir gegen die Zone keine Mittel hatten, ist erschreckend“, sagt Wintermantel.

Die Tübinger Basketball-Trainer seit 1991 im Überblick

Seit 1991 hatten die Tübinger Basketballer viele verschiedene Trainer. Das TAGBLATT zeigt fast alle Coaches in einer Bildergalerie.
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Von 1991 bis 1994 trainierte Georg Kämpf den damaligen SV 03. Im Frühjahr 1992 g...
Von 1991 bis 1994 trainierte Georg Kämpf den damaligen SV 03. Im Frühjahr 1992 gelang der sensationelle Aufstieg in die Bundesliga, den das Team in der Münchner Morawitzkyhalle (siehe Bild) bei Lotus doch eigentlich schon verspielt hatte. Bild: Klaus Franke

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Nach Alan Lambert (94/95) und Volker Stark (95/96) übernahm Takis Genikomsidis (im Bild) die Tübinger von März 1996 bis Juni 1999, der danach auch als Co-Trainer dabei war. Bild: Klaus Franke

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Kurz war die Amtszeit von Martin Brazda: Er coachte Tübingen von Juni 1999 bis Oktober 1999. Für einen Monat übernahmen dann die einstigen Aufstiegshelden Martin Schall und Thomas Unger interimsweise. Bild: Ulmer

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Auf Händen wurde Uwe Sauer im Sommer 2001 durch die Uhlandhalle getragen. Der Tr...
Auf Händen wurde Uwe Sauer im Sommer 2001 durch die Uhlandhalle getragen. Der Trainer, der Tübingen im November 1999 übernommen hatte, führte den Klub zurück ins deutsche Oberhaus. Es folgte jedoch der Abstieg. Sauer blieb bis Juni 2003. Bild: Ulmer

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2003 kehrte Georg Kämpf als Trainer nach Tübingen zurück - und wie: Die Tigers k...
2003 kehrte Georg Kämpf als Trainer nach Tübingen zurück - und wie: Die Tigers kehrten in die Basketball-Bundesliga zurück. Kämpf ließ sich in der Uhlandhalle bejubeln, ging aber nicht als Trainer mit ins Oberhaus. Bild: Ulmer

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Pat Elzie (links) übernahm die Walter Tigers. Auch dank Spielern wie Brian Jones (rechts) blieb Tübingen erstmals überhaupt in der 1. Liga. Was anschließend 14 Spielzeiten hintereinander gelingen sollte. Im Januar 2006 war für Elzie Schluss - obwohl das Team gar nicht aussichtslos in der Tabelle stand. Bild: Ulmer

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Aaron McCarthy übernahm das Team im Februar 2006. Die Liaison endete jedoch an W...
Aaron McCarthy übernahm das Team im Februar 2006. Die Liaison endete jedoch an Weihnachten 2007 wieder. Der Kalifornier liebte auch die Show drumherum. Bild: Ulmer

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Nach der Entlassung McCarthys übernahm Co-Trainer Rainer Kloss für kurze Zeit da...
Nach der Entlassung McCarthys übernahm Co-Trainer Rainer Kloss für kurze Zeit das Team (links dahinter Thomas Unger). Bis im Januar 2008 ein neuer Trainer gefunden war. Bild: Ulmer

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Tolga Öngören übernahm die Tigers. Er blieb eineinhalb Jahre und hielt das Team ...
Tolga Öngören übernahm die Tigers. Er blieb eineinhalb Jahre und hielt das Team weiter in der Liga. Bei den Zuschauern hatte Öngören stets einen guten Stand. Bild: Ulrich Metz

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Öngörens Co-Trainer Igor Perovic übernimmt 2009. Er wird der Trainer mit der län...
Öngörens Co-Trainer Igor Perovic übernimmt 2009. Er wird der Trainer mit der längsten Verweildauer und mit Höhen und Tiefen. Keiner war so nah dran am erstmaligen Playoff-Einzug. 2014 rettet sich das Team dann erst am letzten Spieltag gegen Hagen, woraufhin sich der Trainer alleine in die Kabine setzt (Bild), während das Team feiert. An Weihnachten 2015 ist Schluss: Perovic tritt ausgepowert nach einer Heimpleite gegen Bonn zurück. Bild: Ulmer

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Für ein Spiel übernimmt Co-Trainer Jens Leutenecker - doch das Derby wird im Dez...
Für ein Spiel übernimmt Co-Trainer Jens Leutenecker - doch das Derby wird im Dezember 2015 verloren. Bild: Ulmer

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Tyron McCoy übernimmt das Team und bleibt fast zwei Jahre. Am 20. November 2017 ...
Tyron McCoy übernimmt das Team und bleibt fast zwei Jahre. Am 20. November 2017 wird er in einer fast aussichtslosen Lage entlassen - ausgerechnet an seinem Geburtstag. Bild: Ulmer

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Aus Polen holen die Tübinger Mathias Fischer (links), der sich in Deutschland zu...
Aus Polen holen die Tübinger Mathias Fischer (links), der sich in Deutschland zuvor einen Namen machen konnte. Doch Fischer schafft die Wende nicht: Die Tigers steigen nach der Saison 2017/18 nach 14 Jahren wieder in die 2. Liga ab. Bild: Ulmer

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Es folgt eine klassische Tübinger Lösung: Co-Trainer Aleksandar "Sasa" Nadjfeji ...
Es folgt eine klassische Tübinger Lösung: Co-Trainer Aleksandar "Sasa" Nadjfeji wird zum Chef befördert. Doch der Erfolg bleibt aus. Kurz nach Silvester ziehen die Tigers 2019 die Reißlinie und entlassen den einstigen Meisterspieler. Bild: Ulmer

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Es kam einer, mit dem niemand mehr gerechnet hatte: Manager Robert Wintermantel ...
Es kam einer, mit dem niemand mehr gerechnet hatte: Manager Robert Wintermantel holte Georg Kämpf aus dem Basketball-Ruhestand zurück. Und "Schorsch" gelang es, das Team zu stabilisieren und gar noch Playoff-Träume zu erwecken. Unter dem Strich blieb die Saison 2018/19 dennoch eine Enttäuschung. Bild: Ulmer

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Die Tigers holten Douglas Spradley, stellten einen Zweijahres-Plan auf, wollten ...
Die Tigers holten Douglas Spradley, stellten einen Zweijahres-Plan auf, wollten zurück in die Bundesliga. Doch Spradley und Tübingen - das passte nicht. Weil die Playoffs in Gefahr geraten sind, wurde der Trainer an Silvester beurlaubt. Bild: Ulmer

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Nach Spradleys Entlassung durfte der bisherige Co-Trainer Andrew Hipsher das Tea...
Nach Spradleys Entlassung durfte der bisherige Co-Trainer Andrew Hipsher das Team betreuen. Doch die Erfolge blieben aus. Zur Saison 2020/21 übernimmt der Finne Danny Jansson. Bild: Ulmer

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Den Entschluss, Spradley zu feuern, trafen die Verantwortlichen der künftigen Tigers-Aktiengesellschaft, die in den kommenden Wochen ins Handelsregister eingetragen werden soll. Am Montag hatten der Vorstandsvorsitzende Michael Bamberg, der Geschäftsführende Vorsitzende Robert Wintermantel sowie der künftige Aufsichtsratsvorsitzende Gunther Volck entschieden, dass Spradley gehen muss – und sich vom künftigen AG-Aufsichtsrat auch den Segen geholt. Spradley hatte im Sommer für zwei Jahre bei den Tigers unterschreiben. Aufgrund einer Option kann der Vertrag jedoch schon nach einer Saison aufgelöst werden. Am Silvestermorgen teilten Wintermantel, Bamberg und Volck die Entscheidung dann Trainer Spradley mit.

Auch Tigers-Geschäftsführer Wintermantel muss sich aufgrund der Personalentscheidungen in den vergangenen Jahren immer wieder Kritik anhören. Wobei Aufsichtsratschef Volck sagt: „Ich bin nicht unzufrieden mit ihm.“ Im Frühjahr stehen Neuwahlen des AG-Vorstands an. Die Amtszeit ist dann auf vier Jahre ausgelegt.

Interimstrainer Andrew Hipsher

Als Interimstrainer wird Co-Trainer Andrew Hipsher die Tigers vorerst betreuen und auch beim Heimspiel am Samstag (20 Uhr) gegen die Giants aus Leverkusen coachen. „Er hat unser Vertrauen“, zitieren die Tigers Wintermantel. „Nun liegt es endgültig am gesamten Team, eine entsprechende Reaktion zu zeigen.“ Weil Hipsher nicht die nötige Trainerlizenz besitzt, soll er eine Ausnahmegenehmigung der Liga bekommen.

Wer die Tigers mittelfristig trainieren wird, ist noch offen. Der Verein führt erste Verhandlungen. „Wir haben die Fühler ausgestreckt“, sagt Wintermantel. „Wir wollen aber nichts übers Knie brechen.“ Im Gegensatz zum Sommer, als die Tigers klar formuliert hatten, einen Trainer mit Erfahrung zu suchen, will sich Wintermantel diesmal nicht festlegen. Auf die Frage, ob er schon mit Georg Kämpf gesprochen hat, sagt Wintermantel: „Wir sind öfter im Kontakt.“ Und auf die Frage, ob der 63-jährige Ex-Trainer ein Kandidat ist: „Kein Kommentar.“

Lesen Sie hier den Kommentar von Sportredakteur Vincent Meissner zur Trainerentlassung.

Wer ist Andrew Hipsher?

Der US-Amerikaner Andrew – genannt „Andy“ – Hipsher (39) kam 2018 nach Deutschland, wo er bei den White Wings Hanau Assistenztrainer von Chefcoach Simon Cote war. Nach dem Abstieg von Hanau wechselte er im Sommer zu den Tigers nach Tübingen und arbeitete Douglas Spradley zu. Unter anderem kümmerte er sich um das Video-Scouting. Aufgrund von Rücken-Problemen war Hipshers Karriere als Spieler und Trainer vor seinem Engagement in Hanau ins Stocken geraten. Der aus Ohio stammende Hipsher, dessen Vater Dan als College-Basketballtrainer tätig war, und der selbst für die University of Akron spielte, ist seit gut 13 Jahren in unterschiedlichen Funktionen im Basketball-Geschäft tätig.

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Erstellt:
01.01.2020, 19:13 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 15sec
zuletzt aktualisiert: 01.01.2020, 19:13 Uhr

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