The Wolf of Wall Street

The Wolf of Wall Street

Leonardo DiCaprio spielt in Martin Scorseses überschäumenden Drama einen größenwahnsinnigen Börsenzocker.

23.12.2013

Von Klaus-Peter Eichele

27.08.2015 Jetzt im Kino: Leo DiCaprio als skrupelloser Broker in Scorseses "Wolf Of Wall Street"
02:19 min
Jetzt im Kino: Leo DiCaprio als skrupelloser Broker in Scorseses "Wolf Of Wall Street" --

Wer nach diesem Film einem Aktiendealer noch sein Erspartes anvertraut, dem ist nicht mehr zu helfen. Denn Regie-Veteran Martin Scorsese (zuletzt „Shutter Island?) lässt keinen Zweifel daran, dass der einzige Zweck dieses Berufs darin besteht, das Geld ahnungsloser Menschen in die eigene Tasche umzuleiten.

Ein Naturtalent in diesem Metier war in den achtziger Jahren Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio). Nach kurzer Lehrzeit als Börsen-Azubi formte das Jüngelchen aus einem Haufen Prolls und Nerds eine skrupellose Abzocker-Truppe, die mit zunächst dubiosen, später offen kriminellen Methoden an der Wall Street Millionen scheffelte. Für den Mechanismus dieser Betrugsmasche oder des Finanzmarkts überhaupt interessiert sich Scorsese in seiner aufgekratzten Verfilmung von Belforts Memoiren allerdings kaum. Ihm geht es um die moralischen Begleiterscheinungen: die sich selbst befeuernde Gier nach Reichtum, Luxus und einem ausschweifendem Leben, in dem es keine sittlichen Maßstäbe mehr gibt. Filmisch resultiert daraus eine schier endlose Sex-, Drogen und Grenzüberschreitungsorgie, die zunächst durchaus amüsiert, in ihrer Detailfreude und Redundanz aber irgendwann zu nerven beginnt.

Auch der zweite Erzählstrang, wie das FBI die Schlinge um den Hals der Raubtiere legt, zündet nicht. Da Belfort und seine Spießgesellen als satirische Charakter-Karikaturen angelegt sind, berührt einen ihr Schicksal nicht wirklich.

In vielen virtuos inszenierten Einzel-Sequenzen erweist sich Altmeister Scorsese nach wie vor als Meister seines Fachs. Insgesamt ist der Film intellektuell aber doch einigermaßen hohl, und in seiner monumentalen Länge von drei Stunden oft auch langatmig. Zudem offenbart der Regisseur ein bisschen die Haltung eines Spießers, der die (Sex-)Exzesse der Schamlosen erst gierig begafft, um sich danach genüsslich an ihrem Untergang zu weiden. Wobei man sich um Belfort keine Sorgen machen muss: Der Wolf berät heute unter anderem die Deutsche Bank.

Bei aller Regie-Kunst: Drei Stunden Sex- und Drogenexzess sind zu viel des Erträglichen.

The Wolf of Wall Street

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Erstellt:
23.12.2013, 12:00 Uhr
Aktualisiert:
26.03.2014, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 56sec
zuletzt aktualisiert: 26.03.2014, 12:00 Uhr

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Herr Gscheitle 07.02.201412:00 Uhr

Vielen Dank für Ihre schulmeisterhafte Zusammenfassung, Herr Klex. Jetzt endlich verstehe ich den Film. Übrigens, den Film "Rush" habe ich nie gesehen, ich weiss nicht, wovon Sie sprechen! Vielleicht bin ich im Kino eingeschlafen. Oder, jetzt fällts mir ein!! War das der Film über den Unfall vom Michael Schuhmacher, gähn? Da lässt er sich die Lunge auspumpen, das fand ich unappetitlich. Aber was ist jetzt mit dem Grillnachmittag, DAS wär doch mal was!

Klex 26.01.201412:00 Uhr

Wahrscheinlich war ich der, der auf dem Klo war – ich lasse mir einen guten Film nicht durch eine volle Blase ruinieren. MrsSparley find ich gut, Gscheitle hat schon »Rush« nicht verstanden, er isch halt z'gscheid. Eine sehr spritzige, ideenreiche, höchst unmoralische Wallstreet-Satire. Eines von vielen Highlights sind die zwei Qualude-Fahrten mit dem Ferrrari.Sehr sexy ist auch das Auge des Teddybärs. DiCaprio ist hier Idelabesetzung, nicht zuletzt weil er selbst Erfahrung mit solchen Partys haben dürfte. Außer Kultur und Caritas sind Sex und Drugs und Rock'n'Roll halt das Einzige, wofür sich Reichsein wirklich lohnt, wie schon Friedman und Immendorf wussten. DiCaprio ist durch diesen Film nach dem sterbenslangweiligen ,,Gatsby" rehabilitiert. Baz Luhrmann bleibt im Hades, er verhält sich zu Scosese wie Gummibärchen zu Tatar (lieber an Rinderwahn oder Penizillin sterben als als in einem vergoldeten 3-D-Geldspeicher ersaufen). Die 200 Millionen Dollar fehlinvestierte Spekulantengelder für die zehnjährige Party (und den männerphanstastischen Film) sind Peanuts im Vergleich zu den Schäden, die Goldmann und Lehman angerichtet haben und immer noch anrichten. Ihre Manager kommen dafür nicht in den Knast, sondern sind die Böcke, die man zum Gärtner (Minister) macht.

MrsSparley 23.01.201412:00 Uhr

Sehenswerter Film mit Leonardo DiCaprio, der mal wieder eine schauspielerische Glanzleistung abliefert und für ordentlich Lacher sorgt! Wenn man trotz drei Stunden nicht aufs Klo geht, um keine Szene zu verpassen sagt das doch einiges aus!

Herr Gscheitle 21.01.201412:00 Uhr

Ich mal wieder mit einer meiner begehrten Kritiken, diesmal aber ganz kurz, weil ich gerade schon 3 Stunden Kino über mich ergehen lassen musste: Di Caprio MAL WIEDER in einer Rolle, in die er nicht passt. Ich kaufe ihm das einfach nicht ab, er ist zu bubihaft. Man möge anderer Meinung sein, das ist ok, aber ich habe nun mal auch eine Meinung. An die Tagblatt-Kino-Leute: Wann gibt's mal ein lustiges Kritikertreffen, inkl. Filmshow und Grillnachmittag?

Tori Fan 20.01.201412:00 Uhr

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