Auf Bustour mit den Tigers durch die Region

Teambuilding-Maßnahme führt Tübinger Bundesliga-Basketballer auf Stiftskirche und Burg Hohenzollern

Der Blick vom Turm der Tübinger Stiftskirche geht auf den Holzmarkt, auf die Neckarbrücke und das Schloss, er bietet einen hervorragenden Ausblick. „Der Fluss, bis wohin fließt der?“, fragt der neue Tübinger Center Brandon Peterson. Und, ob von dort oben auch die Paul-Horn-Arena zu sehen sei. 

15.08.2017

Von Moritz Hagemann

Nein, auf diesen Anblick müssen die Spieler des Bundesligisten Walter Tigers Tübingen dann doch verzichten. Ihre Handys zücken trotzdem alle – erste Schnappschüsse der neuen Heimat.

Erstmals reist ein Tübinger Team zu Saisonbeginn mit dem Teambus durch die Region. Nur zwei fehlen: Manager Robert Wintermantel, der zu diesem Zeitpunkt noch in Griechenland urlaubt und Sid-Marlon Theis, der mit der A2-Nationalmannschaft unterwegs ist. Und obwohl sich die zehn Neuen der Tübinger Tigers teils noch kaum kennen, ist die Stimmung gelöst. Brezeln, Schoko-Croissants, Obstsäfte – im Bus fehlt es auch an nichts. Nur die Internet-Verbindung einiger Handys streikt bei den Importspielern noch.

Die Tour beginnt am Sportinstitut, erste Station ist die Stiftskirche. Der Hallensprecher Jens Leutenecker übersetzt des Mesners Worte ins Englische – und erntet dabei auch Respekt von Rückkehrer Robert Zinn: „Da waren Worte dabei, die sind selbst auf Deutsch schwer gewesen“, scherzt der 22-Jährige. Während die großen Männer auf der engen Holztreppe hinauf zum Turm ihre Köpfe einziehen müssen, ernten sie beim anschließenden Spaziergang durch die Altstadt zahlreiche Blicke. „Tübingen hat schon viel zu bieten“, stellt Mathis Mönninghoff fest, der aus Göttingen gekommen ist. Und sich erkundigt, wie denn so der Weihnachtsmarkt in Tübingen sei. Nach einem Teambild mitten auf dem Marktplatz und im Treiben des Wochenmarktes geht’s weiter.

Für Center Phillipp Heyden (28) sind das keine ungewohnten Anblicke: die Tante wohnt in Kusterdingen, die Oma in Kirchentellinsfurt. Der schwäbische Dialekt schwingt in den Worten des gebürtigen Stuttgarters mit, der die vergangene Saison bei Zweitligist Heidelberg verbrachte: „Aber es war klar kommuniziert, dass es ein Übergangsjahr ist“, sagt er, „ich wollte zurück in die Bundesliga.“ Beim Gang durch die Altstadt soll Barry Stewart Tübingen und Trier vergleichen. „Das geht nicht“, sagt er. „Beide Städte sind unterschiedlich.“ Ihn würde aber etwas interessieren: „Wie viele Kilometer sind es eigentlich von hier nach Trier?“

Anstatt dorthin fährt der Tigers-Tross weiter zur Burg Hohenzollern nach Bisingen. 25 Minuten Fußweg weist das Schild vom Parkplatz nach oben aus. „Wir laufen hoch, das sind ja Sportler“, sagt Ticketmanager Thomas Watolla zunächst. Am Ende ersparen Shuttle-Busse doch die Arbeit. Eine Mitarbeiterin ist auf ein Bild mit dem Team ganz erpicht, dann gibt’s eine Führung. Dank einer Sondergenehmigung dürfen die Spieler auch innerhalb der Mauern Fotos schießen. Über die sozialen Netzwerke nehmen einige ihre Fans mit.

Schnell wird klar, dass sich Ryan Brooks, der viele Jahre Bundesliga-Erfahrung mitbringt, zum Spaßvogel des Teams entwickeln könnte. „Ein bisschen“, könne er sogar noch Deutsch. Und verstehen würde er vieles. Das sei auch der Unterschied zu Dijon (Frankreich), wo er die vergangenen beiden Jahre gespielt hatte: „Da können viele Leute kein Englisch“, sagt Brooks, „das ist schon ein bisschen verrückt.“ Er erzählt, wie er zu seinen Bonner Zeiten immer nach Köln und Düsseldorf pendelte – und zu einem Fußball-Spiel von Borussia Dortmund. „Die Fans und das Stadion sind außergewöhnlich“, sagt Brooks, der sich als Fan des Fußballs outet.

Nach einer Stärkung – bei manch einem mit der eher ungewöhnlichen Kombination Rostbraten mit Kässpätzle – führt der Weg der Bustour weiter zur Hechinger Minigolf-Anlage. Da sollte ein Tübinger große Vorteile haben: Kapitän Jared Jordan hat das Golf-Handicap 8. „In den Staaten im Sommer habe ich wieder viel gegolft“, sagt er. „Aber hier in der Gegend noch nie.“ In mehreren Gruppen verteilt treten Spieler und der Helferstab gegeneinander an. Der Wind bläst über die Anlage, viele nutzen die Kapuzen ihrer Pullover, alle haben Spaß: „Jetzt tauen die Spieler auf“, sagt Pressesprecher Tobias Fischer. Einer feiert’s: Ryan Brooks. Jubelpose hier, mal ein Spruch da. Auch dem eher introvertiert wirkenden Kris Richard entwischt ein Lachen. Und auch Stewart, sonst einer der ruhigeren Sorte, hüpft wild herum.

Dann neigt sich der Tag auch schon dem Ende entgegen. Während der Rückfahrt nach Tübingen gönnen sich einige ein kleines Nickerchen, ein Besuch bei einem potenziellen Tigers-Partner steht noch an. Gespannt lauschen einige Spieler den Ausführungen der IT-Spezialisten von „SySS“ in der Schaffhausenstraße beim „Live-Hacking“. Kapitän Jordan wohnt ganz in der Nähe. „Hast du alles vorbereitet für die Party gleich?“, fragt Leutenecker scherzhaft.

Aber: Training statt Party! Wegen des Wetters legt Trainer Tyron McCoy den für den Abend geplanten Lauf in die Halle. Wie lange das denn gehe, fragt Center Adrian Lind. Co-Trainer Aleksandar Nadjfeji dreht sich um und grinst einfach breit. Die Spieler werden sicherlich noch ihren Spaß gehabt haben.

Zur Stärkung der Identifikation

Erstmals reiste ein Tübinger Basketball-Team zum Saisonauftakt durch die Region: „Dass, was wir mit dem Tag erzeugen wollten, ist eingetreten“, sagt Tigers-Ticketmanager Thomas Watolla. „Es wurde viel kommuniziert, das ist die Basis für eine gute und erfolgreiche Vorbereitung.“ Sinn hinter der Tour war vor allem der Identifikationsgedanke. Viele Basketballer-Spieler wechseln Jahr für Jahr ihre Klubs, sie müssen sich schnell zurechtfinden und sollten die Region kennenlernen. Der nächste Identifikations-Schritt: Am 5. September sollen die Spieler von Oberbürgermeister Boris Palmer mit Neckarwasser getauft werden – auch das gab’s noch nie bei den Tigers.