Mobilitätsdienste

Taxis sind die Sieger

Fahrer von Uber & Co. dürfen weiterhin keine Kunden am Straßenrand mitnehmen. Verkehrsminister Scheuer setzt sich nicht durch.

06.03.2021

Von THOMAS VEITINGER

Taxis sind die Sieger

Ulm. In Berlin-Mitte sah es über Jahre hinweg immer wieder so aus wie am Flughafen Tegel: Taxis, wohin das Auge blickt. Während am alten Hauptstadt-Airport die Fahrer früher auf Gäste warteten, stauten sie sich regelmäßig etwa am Brandenburger Tor, um gegen die Liberalisierung ihres Marktes zu demonstrieren. Für den Taxiverband sind Fahrtenvermittler wie Uber oder Moia schlicht „rechtswidrig“ und Totengräber für viele kleinere und mittlere Mitgliedsunternehmen. Im Zentrum der Kritik stand Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der den Markt öffnen wollte.

Leerfahrten sind Pflicht

Am Freitag hat der Bundestag nun einer umstrittenen Änderung des Personenbeförderungsgesetzes zugestimmt. Diese schafft zwar erstmals eine Rechtsgrundlage für die digitalen Mobilitätsdienste. Gleichzeitig bleiben aber Restriktionen bestehen, die Uber, Free Now & Co. das Leben schwer machen. In anderen Ländern wie den USA dagegen befördern Anbieter wie Uber und Lyft seit Jahren Kunden, die die Autos meist über Handy-App anfordern.

Zankapfel war die Rückkehrpflicht zum Betriebssitz. Uber-Fahrer sind nach einer Fahrt gezwungen, leer zu ihrem Ausgangsort zurückzufahren und erst dann erneut Kunden anzusteuern. Das Taxigewerbe befürchtete durch eine Gesetzesänderung eine unfaire Wettbewerbssituation. Scheuer hatte im Februar Eckpunkte für eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes vorgelegt und wollte die Rückkehrpflicht abschaffen. In dem Gesetzentwurf ist davon keine Rede mehr: Taxen dürfen weiterhin als einzige spontan Fahrgäste aufnehmen. Genehmigungsbehörden „in Gemeinden mit großer Flächenausdehnung“ dürfen dabei auch andere Abstellorte als den Betriebssitz festlegen. Gleichzeitig können die Behörden den betroffenen Mietwagenverkehr aber stärker als bisher regulieren, um den Wettbewerb zu schützen. Möglich sind Mindestpreise für vermittelte Fahrten, feste Quoten am Verkehrsmix und Vorgaben für Sozialstandards der Anbieter.

„Unser stetes Mahnen wurde gehört“, erklärte der Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi und Mietwagen, Michael Oppermann angesichts des Ergebnisses. Auf der Zielgeraden der etwa zweijährigen Verhandlungen „konnten nochmal deutliche Verbesserungen erzielt werden“.

Auch der jüngst gegründete konkurrierende Taxi- und Mietwagenverband Deutschland (TMV) begrüßte den Kompromiss: Die Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen stärkten die Chancengleichheit des mit der Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht versehenen Taxigewerbes, erklärte TMV-Präsident Michael Müller. „Ausgesprochen positiv“ bewerte sein Verband auch die Vereinheitlichung des Berufszugangs durch einen generellen Fachkundenachweis. Müller forderte: „Die Einhaltung der Regelungen muss zeitnah und regelmäßig kontrolliert werden.“ Verstöße gehörten „selbstverständlich sanktioniert“. Für den Sprecher für die Digitale Agenda der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tankred Schipanski, kommt der Interessenausgleich „am Ende den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute, die von besserer Mobilität und mehr Angeboten profitieren werden“.

Der Deutschland-Chef des Mobilitätsanbieters Free Now, Alexander Mönch, fürchtet dagegen, „dass die vielen Restriktionen neue Mobilitätsangebote eher ausbremsen als fördern“. Er kritisierte „einseitige Schutzmaßnahmen“ zugunsten des Taxigewerbes und warnte zudem vor „vielen kleinteiligen Regelungen auf Kommunalebene“.

Ubers Deutschland-Chef Christoph Weigler bemängelte insbesondere die Rückkehrpflicht, sie bleibe ein „Mobilitäts- und Innovationskiller“. Sein Unternehmen hatte sich lange für eine Abschaffung ausgesprochen und neben vermeintlichen Nachteilen für die Verbraucher auch auf vermeidbare Umweltverschmutzung durch Leerfahrten verwiesen. Der FDP-Abgeordnete Herbst erklärte, die Rückkehrpflicht bedeute mehrere Millionen Leerfahrten pro Jahr – „mit Blick auf den Klimaschutz eine völlig absurde Regelung“.

Für den digitalen Branchenverband Bitkom ist die Änderung allenfalls ein halber Schritt in die richtige Richtung. Statt konsequent digitale Technologien für innovative, ressourcenschonende Mobilität einzusetzen, werde in zentralen Punkten der analoge, klimaschädliche Status Quo gesetzlich verankert. (mit afp)

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Erstellt:
06.03.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 06.03.2021, 06:00 Uhr

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