Tübingen

Superradwegenetz mit Brücken: 12,6 Millionen für drei Radprojekte

Der Bund soll 12,6 Millionen Euro für drei Rad-Infrastrukturprojekte zuschießen. Eins davon ist die Radbrücke West, die mehr als doppelt so teuer wird wie geplant.

01.06.2020

Von Sabine Lohr

Die Radbrücke West bekommt an ihrem Ende im Anlagenpark einen Radkreisverkehr. Grafik: Stadt Tübingen

Die Radbrücke West bekommt an ihrem Ende im Anlagenpark einen Radkreisverkehr. Grafik: Stadt Tübingen

London hat „Cycle Superhighways“ – nun bekommt auch Tübingen ein „Superradwegenetz“. Unter diesem Namen jedenfalls hat die Stadtverwaltung beim Bund Zuschüsse beantragt, und zwar in beträchtlicher Höhe: 12,6 Millionen Euro will sie für drei Radprojekte: die Radbrücke Ost beim Stauwehr, die Radbrücke West vom Behördenzentrum in die Derendinger Allee und die Radunterführung vom Güterbahnhofareal in die Schaffhausenstraße. Die Radbrücke Mitte von der Bismarck- in die Wöhrdstraße gehört nicht zum „Superradwegenetz“, denn für diese Brücke bekommt die Stadt Fördermittel vom Land. Die hatte sie auch für die beiden anderen Brücken beantragt, dann aber wieder zurückgezogen, denn die Unterstützung vom Bund durch das Programm „Nationale Klimaschutz Initiative“ ist attraktiver.

Alle drei Brücken werden mit Radwegen verbunden, dem so genannten „Blauen Band“ – was wortwörtlich zu verstehen ist, denn diese Radwege werden zumindest stellenweise blau. Das „Blaue Band“ wiederum ist Teil eines Radwegkonzepts, in das die Stadt in den kommenden fünf Jahren über 30 Millionen Euro investiert. „Eine Wahnsinnssumme“, die weit über dem Durchschnitt liege, sagte der städtische Planer Daniel Hammer. Die hohen Ausgaben allerdings lägen aber auch daran, dass man viel nachzuholen habe, relativierte Baubürgermeister Cord Soehlke die Euphorie.

Der größte Teil dieser Ausgaben ist ohnehin einem einzigen Projekt geschuldet: der Radbrücke West. Diese wird 11,6 Millionen Euro kosten – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich vorgesehen. Noch im vergangenen Jahr war die Rede von 5,1 Millionen Euro für diese Brücke. Die Baupreise, insbesondere für Stahlkonstruktionen, seien explodiert, heißt es in der Sitzungsvorlage. Ein Thema war diese Explosion im Gremium nicht: Wenn es so hohe Zuschüsse gebe, solle man die Brücke bauen. Zumal die Stadt sich, was die Wirtschaftslage angehe, antizyklisch verhalten solle – so der Tenor im Planungsausschuss. Immerhin könnte der Zuschuss 75 Prozent der Baukosten auffangen.

Die große Brücke wurde noch einmal etwas umgeplant und bekommt an ihrem Ende im Anlagenpark nun einen Radkreisverkehr. „Deutschlandweit sind bislang keine Radkreisverkehre in dieser Form gebaut“, schreibt Tiefbau-Chef Albert Füger in seiner Vorlage. Nur in den Niederlanden gibt es solche Radkreisverkehre bisher – in Eindhoven sogar einen schwebenden. Dem kommen die beiden geschwungenen Brückenelemente über der Wilhelm-Keil-Straße und über dem Anlagenpark recht nahe.

Der kleine Radkreisverkehr neben dem Kleinspielfeld im Anlagenpark verbindet die drei Radwege aus dem Norden, Süden und Westen miteinander. Er ist die Konsequenz aus dem Wunsch des Gemeinderats, von der Brücke eine Anbindung zum Bahnhof herzustellen. Zunächst plante das Tiefbauamt eine Rampe hinunter in den Anlagenpark, das Brückenende lag da noch kurz vor der Uhlandstraße. Jetzt senkt sich das Bauwerk früher, der Kreisel gehört nicht zur Brücke. Der höchste Punkt der Brücke liegt über den Gleisen – fast neun Meter hoch ist sie dort. Radler ohne E-Bike müssen sich beim Auffahren auf die Brücke nicht allzu sehr anstrengen: Die Steigung beträgt 6 Prozent. Zum Vergleich: Die Neckargasse hat eine Steigung von 10 bis 12 Prozent.

Der Förderbescheid wird gegen Ende des Jahres erwartet. Erst danach soll der Gemeinderat den Brückenbau beschließen. Drei Jahre später könnte die große Superradwegenetz-Brücke dann fertig sein.

Animation der geplanten Tübinger Fahrradbrücke
02:39 min
Animation: Bresch Henne Mühlinghaus - BHM Planungsgesellschaft mbH

Ohne Fußgänger, aber mit Heizung

Ein Teil des Gemeinderats hatte sich vor einem Jahr dafür eingesetzt, die Brücke für Fußgänger freizugeben. Das lehnte die Verwaltung ab – unter anderem aus Kostengründen. Die dann breitere Brücke hätte eine Million Euro mehr gekostet. Aber auch die Zuschüsse stünden dann zur Disposition: Gefördert werden Bauten für die Radweginfrastruktur, nicht für Fußgänger.

Damit die Brücke auch im Winter gefahrlos befahren werden kann, soll sie eine Heizung für rund 400.000 Euro bekommen. Andernfalls müsste sie dauernd mit Salz bestreut werden, so Albert Füger, Leiter des Fachbereichs Tiefbau. Über diese Heizung wird mit dem Baubeschluss entschieden.

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Erstellt:
01.06.2020, 17:13 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 01.06.2020, 17:13 Uhr

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