Suffragette

Suffragette

Historisches Drama über britische Arbeiterinnen, die im frühen 20. Jahrhundert für Gleichstellung und das Wahlrecht kämpfen.

01.01.2016

Von Dorothee Hermann

Suffragette

Von der Mühe der Arbeit ist nichts mehr zu sehen, wenn die Londoner Wäscherin Maud Watts (Carey Mulligan) die gereinigten Laken säuberlich verpackt ins teure Westend bringt. Als sie den altmodischen Bus besteigt, ist es wie ein Aufstieg aus einer dampferfüllten Unterwelt, in der es nie richtig hell wird, und wo sich ein Heer von Frauen an einfachen Waschzubern plagt oder die riesige Heißmangel bedient. Das Ganze erinnert an eine gigantische Maschinerie, von der in erster Linie der Besitzer (Geoff Bell als übergriffiger Mr. Taylor) profitiert. Die jüngsten Arbeiterinnen betrachtet er als Freiwild.

In der eleganten Regent Street angekommen, wird Maud Zeugin eines unerwarteten Spektakels: Frauen werfen die Schaufenster piekfeiner Geschäfte ein und rufen politische Slogans. Als sie in die ärmliche Wohnung zurückkehrt, die sie sich mit ihrem Mann (Ben Whishaw) und dem geliebten Söhnchen Georgie teilt, kann sie noch nicht einordnen, was sie gerade beobachtet hat. Doch anders als ihr Mann ist sie einer jener außergewöhnlichen Menschen, die weit über die frustrierende eigene soziale Lage hinausblicken können.

Eine kleine Geste, mit der Maud einer Kollegin beisteht, verschafft ihr beinahe wider Willen Zugang zu den militanten Suffragetten, die notfalls mit Gewalt das Wahlrecht für Frauen durchsetzen wollen. Es ist das Jahr 1912. Nach Jahrzehnten friedlicher, aber ergebnisloser Kämpfe für die Gleichberechtigung ruft Suffragettenanführerin Emmeline Pankhurst (ein bisschen arg gesetzt: Meryl Streep) zu handfesten Aktionen auf. So kommen die Zuschauerinnen in den Genuss, den britischen Star Helena Bonham Carter als feministische Apothekerin mit nützlichen Sprengstoffkenntnissen und verständnisvollem Ehemann zu erleben. Eine Demonstration der Frauen vor dem Londoner Parlament war eben brutal niedergeknüppelt worden. Dem patriarchalen Staat gelten sie als „Aufwiegler“ wie andere Revolutionäre auch.

Von der mitreißenden Aufbruchsstimmung des Equal-Pay-Films „We Want Sex“, der gut 50 Jahre später spielt, ist „Suffragette“ weit entfernt. Die britische Regisseurin Sarah Gavron zeigt die Härte der damaligen weiblichen Lebensbedingungen, Herabsetzungen durch vielerlei Staatsorgane, den Chef und den eigenen Mann inbegriffen. Ihr Film ist eine Hommage an Pionierinnen wie Maud, die alles riskierten, auch wenn es sich für sie persönlich noch nicht auszahlte.

 

Feministische Wäscherin macht vor, wie es ist, über sich selbst hinauszudenken.

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Erstellt:
01.01.2016, 11:41 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 01.01.2016, 11:41 Uhr

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Elli Emann 11.02.201614:48 Uhr

Ein interessanter, sehr nüchtern und pragmatisch inszenierter Film über die ersten Vorkämpferinnen von Frauenrechten, speziell des Wahlrechts für Frauen. Ungeschönt wird die alltägliche Situation einfacher Wäscherinnen gezeigt (in der Familie und am Arbeitsplatz, wo sie auch sexuellen Übergriffen ausgesetzt sind), die sich nach jahrelangem "Kampf" mit friedlichen Mitteln nicht mehr mit Worten abspeisen lassen wollen.

An diese Pionierinnen, die alles riskiert haben, kann nicht oft genug erinnert werden. Vor allem, wenn man daran denkt, dass das allgemeine Wahlrecht für Frauen in der Schweiz 1971(!) eingeführt wurde und in Saudi-Arabien vor ca. 6 Wochen.

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