Suburbicon

Suburbicon

Regisseur George Clooney hat sich mit „Suburbicon“ ein altes Drehbuch der Coen-Brüder vorgenommen – und sich dabei ziemlich verheddert.

09.11.2017

Von Madeleine Wegner

Eine Stadt wie aus dem Bilderbuch. Suburbicon ist eine Mustersiedlung. So eine, wie sie William Levitt Mitte des vergangenen Jahrhunderts in verschiedenen US-amerikanischen Staaten bauen ließ. Als „Schmelztiegel der Vielfalt“ wird sie beworben, schließlich wohnen hier – wir schreiben das Jahr 1959 – sogar Menschen aus New York, Ohio und Mississippi. Ein Vorzeige-Idyll mit sauberen Fassaden und kurzgeschorenen Vorgärten.

Doch dann hält die Gemeinde den Atem an: Die erste schwarze Familie zieht in Suburbicon ein. Aus der ersten ungläubigen Schockstarre wird ganz schnell aggressiver Protest. Und während der ganzen Aufregung fällt fast niemandem auf, was im Haus gegenüber passiert, wo ein Familienvater mit seiner Geliebten einen lästigen Menschen nach dem anderen um die Ecke bringt. Die Ordnung gerät aus den Fugen – und der Sündenbock ist von vornherein gefunden.

Regisseur George Clooney hat in seinem Film ein Drehbuch der Coen-Brüder aus den 1980er-Jahren aufgegriffen. Ergänzt hat er (in Zusammenarbeit mit Grant Heslov) den Stoff um die Geschichte der angefeindeten schwarzen Familie. Sie lehnt sich wiederum an eine wahre Begebenheit in den 1950er-Jahren in Levittown an. Doch sie blitzt im weiteren Lauf des Films nur immer mal wieder auf. Clooney konnte sich offenbar nicht entscheiden, was für ein Film das werden soll: Drama, Mysterythriller oder Komödie? Antirassistische Gesellschaftskritik? Oder genüsslich bitterböse Satire?

Die Story ist zugleich überfrachtet und blutleer. Die Bilderbuch-Kulisse ist mehr schlecht als recht zusammengezimmert, sie wird zum Auftakt nur angedeutet, bevor alles zusammenbricht. Dann wiederum ist der Plot so schnell durchschaut, dass der Zuschauer ungläubig wie vergeblich auf eine weitere Wendung wartet.

Offensichtlich will Vorzeige-Bewohner Gardner Lodge (Matt Damon) seine Zukunft lieber mit seiner Schwägerin als mit seiner Frau Rose verbringen (bezeichnenderweise in einer Doppelrolle: Julianne Moore) und geht dafür über Leichen. Doch die Charaktere sind kaum mehr als Statisten, die zudem aus früheren Coen-Drehbüchern vertraut wirken. Abgründe, ungeheuerliche Skrupellosigkeit, die verlogene Doppelmoral: All das spiegelt sich freilich in beiden Erzählsträngen. Und wenn der wütende Mob vor dem Haus der Familie schreit und die ersten Steine fliegen – sind die Parallelen zur Gegenwart nicht zu übersehen.

Trotz vertrauter Coen- und Clooney-Zutaten bleiben die Abgründe im Vorstadt-Idyll enttäuschend flach.