Schule

Studie: Digitalunterricht wirkt wie Sommerferien

Wissenschaftler fällen ein hartes Urteil: Der Lernerfolg während des ersten Lockdowns ist praktisch nicht messbar. Vor allem bei sozial benachteiligten Kindern gibt es Einbußen.

22.06.2021

Von MICHAEL GABEL

Lernen am Computer: Während der Pandemie ist das eher die Regel als die Ausnahme. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Lernen am Computer: Während der Pandemie ist das eher die Regel als die Ausnahme. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin. Der Online-Unterricht an Schulen hat während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 zu einer Stagnation der Schülerleistungen geführt – das ist das Fazit einer Studie der Goethe-Universität Frankfurt/Main. „Die durchschnittliche Kompetenzentwicklung“ der Schüler während dieser Phase sei „im Bereich der Effekte von Sommerferien“ anzusiedeln, lautet das harte Urteil des Studienleiters Andreas Frey. Immerhin: Inzwischen hätten sich die Lernvoraussetzungen beim digitalen Unterricht etwas gebessert, konstatierte der Professor für Pädagogische Psychologie.

Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verweist man darauf, dass die Schulen in den ersten Wochen der Pandemie tatsächlich noch nicht so weit gewesen seien, um flächendeckend guten Digitalunterricht anzubieten. „Insofern überrascht mich das Ergebnis der Studie nicht“, sagte das für Schulen verantwortliche GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze dieser Zeitung. In der zweiten Pandemie-Phase ab Herbst sei man aber besser aufgestellt gewesen.

Digitale Fortbildung

Grundsätzlich hänge das Gelingen des Digitalunterrichts noch zu sehr von den Kompetenzen der einzelnen Lehrkraft ab, weshalb die GEW-Expertin weitere Angebote zur digitalen Fortbildung für dringend nötig hält. Zudem müssten Beschäftigte sowie Schüler mit Computern oder Tablets ausgestattet werden.

Um sich einen Überblick über die Lernentwicklung während der Pandemie zu verschaffen, wertete das Frankfurter Forscherteam weltweit bereits vorliegende Studien aus. Eingang fanden zum Beispiel Leistungsmessungen der Universitäten Oxford (Großbritannien) und Virginia (USA). Aus Deutschland wurden Daten aus Hamburg verwendet. Frey betonte, dass sich Kompetenzeinbußen besonders stark bei Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Elternhäusern gezeigt hätten: „Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich während der ersten Corona-bedingten Schulschließungen noch weiter geöffnet.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Wochenende gesagt, dass wohl auch nach dem Ende der Sommerferien noch Wechselunterricht – mit phasenweisem Digitalunterricht – nötig sei. Trotz der derzeit niedrigen Inzidenzen sei das wahrscheinlich noch geboten. Widerspruch kam von der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), der brandenburgischen Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). „Die KMK hat für Präsenzunterricht plädiert – und das sollte nicht vorzeitig infrage gestellt werden“, sagte sie.

Bensinger-Stolze von der GEW ist mehr auf Spahns Seite. „Ich denke, Vorsicht wird auch nach den Ferien weiter geboten sein, vor allem, wenn sich die Delta-Variante weiter ausbreiten sollte.“

Michael Gabel

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Erstellt:
22.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 07sec
zuletzt aktualisiert: 22.06.2021, 06:00 Uhr

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