Protest

Strobl warnt vor „Querdenkern“

Demonstrationen gegen Corona-Auflagen bergen Gefahr der Radikalisierung von Teilnehmern, sagt der Innenminister.

26.11.2020

Von AXEL HABERMEHL

Stuttgart. Rechtsextremisten versuchen nach Einschätzung des Verfassungsschutzes weiterhin, Einfluss auf die „Querdenker“-Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern zu gewinnen. Das teilte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Mittwoch nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtags-Innenausschusses mit. Jedoch werde die Bewegung nicht formell vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) beobachtet.

Strobl warnte: „Insgesamt diffamiert ,Querdenken? den deutschen Rechtsstaat als totalitäres System oder als eine mit dem nationalsozialistischen Regime gleichzusetzende Diktatur.“ Daher analysierten Sicherheitsbehörden die Proteste. „Wir haben zwei hellwache Augen auf die Entwicklung – auch wenn aktuell ,Querdenken? kein formales Beobachtungsobjekt des Landesamts für Verfassungsschutz ist.“

Verfassungsschutz besorgt

LfV-Präsidentin Beate Bube hatte bereits im Mai gewarnt, bei den damals stark wachsenden Protesten würden extremistische Denkmuster verbreitet und fänden „Anschluss bis weit ins bürgerliche Milieu“. Es bestehe die Gefahr, dass typisch extremistische Narrative auf Personen träfen, die sich radikalisieren.

Strobl erklärte nun, ihm bereiteten Versuche von Rechtsextremisten, Reichsbürgern und Selbstverwaltern, Einfluss auf das Demonstrationsgeschehen gegen die Corona-Beschränkungen zu gewinnen, große Sorge. Extremisten versuchten, das Protestgeschehen für ihre ideologischen Ziele zu instrumentalisieren. „Diese Versuche beobachtet der Verfassungsschutz auf den ,Querdenken?-Veranstaltungen praktisch seit Beginn der Demonstrationen“, betonte er. Problematisch seien auf „Querdenken“-Veranstaltungen verbreitete „Verschwörungsmythen – wie zum Beispiel von „QAnon“ – die teilweise mit dem Ziel eines politischen Umsturzes verknüpft würden.

Nicht alles Extremisten

Strobl kritisierte außerdem Verstöße gegen Abstands- und Hygieneauflagen wie die Maskenpflicht. Diese wurden bei den Protesten zuletzt oft verletzt. Das sei „gefährlich und asozial“. Der Minister betonte aber, Demonstrationen und Versammlungen seien „ein absolut legitimer Teil unserer Demokratie“.

Darauf wiesen auch Abgeordnete der Opposition im Landtag hin. Udo Stein (AfD) erklärte, Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit „dürfen und müssen völlig unabhängig von der Meinung eines Innenministers oder einer Regierungs- oder Bevölkerungsmehrheit gewahrt werden“.

Ulrich Goll (FDP) sagte, es sei nicht von der Hand zu weisen, dass es unter den Teilnehmern der Demonstrationen Rechtsextremisten gebe. Diese sollten, wenn das nicht ohnehin geschehe, „durch den Verfassungsschutz im Blick behalten werden“. Jedoch seien Kritiker der bisherigen Corona-Maßnahmen nicht per se rechtsextrem.

Axel Habermehl