USA

Streit zwischen Trump und den Sport-Stars spitzt sich zu

Präsidenten-Freund Tom Brady übt scharfe Kritik. Quarterback Colin Kaepernick, mit dessen Protesten der Skandal begann, hofft auf zweite Chance in der NFL.

28.09.2017

Von PETER DETHIER

Der Football-Profi Colin Kaepernick kniete im Oktober 2016 während der Nationalhymne vor dem NFL-Duell der San Francisco 49ers mit den Dallas Cowboys und startete mit dieser Geste eine Protestaktion gegen ungerechte Behandlung von Minderheiten in den USA. Foto: dpa

Der Football-Profi Colin Kaepernick kniete im Oktober 2016 während der Nationalhymne vor dem NFL-Duell der San Francisco 49ers mit den Dallas Cowboys und startete mit dieser Geste eine Protestaktion gegen ungerechte Behandlung von Minderheiten in den USA. Foto: dpa

Washington. Auch drei Tage nach dem verbalen Schlagabtausch zwischen Präsident Donald Trump und einigen der größten Stars im US-Sport zeichnet sich kein Ende des eskalierenden Skandals ab. Zahlreiche Spieler der Football-Profiliga NFL haben unmissverständlich klar gemacht, dass ein Kniefall während der Nationalhymne, die vor jedem Spiel gesungen wird, auch in Zukunft zur Tagesordnung gehören wird. Andere sagten, dass sie unter diesem Präsidenten niemals der traditionellen Einladung ins Weiße Haus folgen würden, die jedes Jahr an die jeweiligen Titelgewinner geht. Selbst Superstar und Trump-Freund Tom Brady hat das Wort ergriffen und den Präsidenten, der den fünffachen Super-Bowl-Gewinner bewundert und ihn am liebsten als Schwiegersohn gehabt hätte, scharf kritisiert.

Ihren Ursprung haben die jüngsten Zuspitzungen in der Entscheidung des früheren Quarterbacks Colin Kaepernick, vergangenes Jahr vor einem Spiel seiner San Francisco 49ers während der Nationalhymne niederzuknieen. Von allen Seiten hagelte es Kritik an dem in Ungnade gefallenen Footballer, der 2012 seine Mannschaft noch zum Super Bowl geführt hatte. Kaepernick, der einen afro-amerikanischen Vater und eine weiße Mutter hat, protestierte damit nach eigener Darstellung gegen die gewaltsamen Übergriffe größtenteils weißer Polizisten gegen unbewaffnete Opfer, die mit Abstand meisten von ihnen Schwarze. Diese hatten sich in den Monaten davor in mehreren US-Großstädten erkennbar gehäuft und endeten nicht selten mit einem Freispruch für die angeklagten Ordnungshüter.

Obwohl Kaepernick damit zum Aushängeschild der Bewegung „Black Lives Matter“ wurde, kehrten ihm viele andere Spieler und vor allem die mächtigen Teambesitzer den Rücken. Zwar hatte der Quarterback in den beiden vorangegangenen Jahren nur mittelmäßige Erfolge vorzuweisen, gilt aber als sehr talentiert und ist nach Ansicht zahlreicher Experten deutlich besser als viele in seiner Position, die langfristige Verträge für zwei- bis dreistellige Millionenbeträge erhielten. Nach seiner Entlassung durch die 49ers ist Kaepernick ohne Mannschaft, könnte nun aber ausgerechnet dank der Entgleisungen des Präsidenten doch noch eine zweite Chance bekommen.

Am vergangenen Wochenende legte sich nämlich Trump gleich mit mehreren Superstars an. Nachdem Basketballer Steph Curry von den Golden State Warriors, die zwei der letzten drei NBA-Meisterschaften gewannen, sagte, dass er dazu neige, der Einladung ins Weiße Haus nicht zu folgen, zog ein beleidigter Trump die Einladung für die gesamte Mannschaft zurück. Prompt legte sich Superstar LeBron James ins Zeug und sprach via Twitter den Präsidenten als „Penner“ an. Ins Weiße Haus zu kommen sei „eine Ehre gewesen, bis Du dort erschienen bist“.

Für den größten Eklat hatte der Präsident aber am Vorabend bei einer Kundgebung in Alabama gesorgt. Dort beschimpfte er Spieler, die während der Nationalhymne nicht stramm stehen und die Hand aufs Herz legen, als „Hurensöhne“ und forderte die Klubbosse auf, diese zu suspendieren oder sie zu feuern. Unterschätzt hatte Trump aber, wie weit verbreitet bei den Spielen vom vergangenen Wochenende die Solidaritätsbekundungen sein würden. Mehrere hundert Spieler knieten während der Hymne nieder und verriegelten die Arme.

Solidarische Club-Bosse

Auf Twitter und anderen sozialen Medien geriet der Präsident von allen Seiten schwer unter Beschuss, und selbst die mächtigen Mannschaftsbesitzer zeigten sich solidarisch mit ihren Spielern. „Das allerdings strotzt vor Heuchelei“ schimpfte der TV-Kommentator und frühere Politiker Bakari Sellers. „Während der Präsidentschaftskampagne spendeten die Besitzer Millionen für Trumps Kampagne, nun tun sie so, als wären sie gegen ihn.“ Worte, die den Präsidenten allerdings weniger stören werden als die Aussagen von Football-Ikone Brady, von dem Trump vor mehreren Jahren sagte, „ich fände es toll, wenn er Ivanka heiraten würde“.

Brady sagte nach dem jüngsten Sieg seines Teams gegen Houston, dass „ich in der Tat falsch finde, was er gesagt hat.“ Derartige Worte würden Menschen und die Nation „nicht vereinen, sondern sie spalten. Es ist das Gegenteil jener Werte, die meine Eltern mir beigebracht haben.“ Offenbar verstehe der Präsident, dass es nicht um Patriotismus geht. Vielmehr darum, dass die Verfassung jedem Spieler das Recht gibt, seine Meinung frei zu äußern.

Selbst in Form eines Kniefalls. Indem Trump auch dies verhindern will, erweckt er bei Schwarzen erneut den Eindruck, er wolle sie unterderrücken. Die gestiegene Toleranz für die Proteste hat jedenfalls dazu geführt, dass einige Mannschaften, die während der ersten drei Wochen der Saison enttäuschende Leistungen hinlegten, wieder bei Colin Kaepernick angeklopft haben. Vielleicht bekommt der begabte Athlet doch noch eine zweite Chance. Die Proteste hingegen werden fraglos weitergehen.