Corona

Streit um Impfungen für die Polizei

Gewerkschaft fordert Immunisierungen wie für Lehrer und Erzieherinnen. Sozialministerium verspricht, zügig für besondere Terminslots in den Zentren zu sorgen.

25.02.2021

Von ALFRED WIEDEMANN

Welche Berufsgruppe bekommt wann die Impfung? Polizisten fühlen sich benachteiligt.   Foto: Danny Lawson/PA Wire/dpa

Welche Berufsgruppe bekommt wann die Impfung? Polizisten fühlen sich benachteiligt. Foto: Danny Lawson/PA Wire/dpa

Ulm/Stuttgart. Seit Anfang der Woche sind mehr Menschen impfberechtigt: Viele medizinisch Beschäftigte, Menschen mit geistiger Behinderung und pädagogisches Personal in Schulen und Kitas können sich nun gegen Corona schützen. Vorgesehen ist für die 18- bis 64-Jährigen der Impfstoff von Astra-Zeneca. 450?000 Dosen soll das Land bis Mitte März bekommen.

Polizisten müssen aber bisher warten. Das verursacht Ärger: „Seit Montag gehen unsere Kolleginnen und Kollegen auf die Barrikaden“, sagte Ralf Kusterer, der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), der SÜDWEST PRESSE. „Die Kitas und Schulen öffnen, die Polizei war nie geschlossen. Unsere Telefone stehen nicht mehr still.“

Das Sozialministerium in Stuttgart arbeite gerade mit dem Innenministerium daran, dass auch die rund 20?000 Polizisten mit hohem Infektionsrisiko „schnellstmöglichst“ in speziellen Termin-Slots in den Kreisimpfzentren geimpft werden können, sagte am Mittwoch ein Ministeriumssprecher. Dabei gehe es um die Beamten, die laut Bundesimpfverordnung „im Dienst, etwa bei Demonstrationen, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind“.

Für die Erweiterung der Impfberechtigung bei den unter 65-Jährigen seit Montag hat sich das Land an Stufe 2 des Plans der ständigen Impfkommission orientiert. Polizisten fallen nicht darunter und seien daher erst im nächsten Öffnungsschritt impfberechtigt. „Dieser wird aber sehr zeitnah folgen“, sagte der Ministeriumssprecher.

Der Polizei-Gewerkschafter Kusterer verweist darauf, dass bei den Erzieherinnen und Lehrern nicht differenziert werde, ob sie im Unterricht vor der Klasse stehen oder vom PC zu Hause unterrichten. Die Polizei arbeite weiterhin „unter höchsten Gesundheitsgefahren“, sie garantiere Demonstrationen und Versammlungen von Querdenkern, „die sich teilweise nicht an die Corona-Regeln handeln“ oder müsse Quarantäneverweigerer im Zaun halten. „Sie hat körperliche Auseinandersetzungen oder ist sonst ganz nah an den Menschen, mit allen Infektionsgefahren die es gibt.“

Corona-Infektionen in der Polizei verdeutlichten „die höchsten Gesundheitsgefahren, unter denen die Polizeibeschäftigten diese Leistungen erbracht haben“. Es sei ein „Skandal“, wie Sozialminister Lucha arbeite und die Polizei behandele, sagte Kusterer. Er ziehe im Wahlkampf die weit über 150?000 Lehrer und Erzieherinnen vor und lasse die Polizei mit ihren knapp 30?000 Beschäftigten, „die man als ,Grüner' eh noch nie gemocht hat“, hinten anstehen. „In Bayern wird die Polizei geimpft, wenn am Abend Impfdosen übrig sind“, sagte Kusterer. „In Baden-Württemberg wir herumgewurschtelt und die Polizei nicht beachtet.“

Zum erweiterten Kreis der Impfberechtigten gehören seit Montag auch Beschäftigte in Einrichtungen der forensischen Psychiatrie und der medizinischen Bereiche in Justizvollzugsanstalten, aber nicht alle JVA-Beschäftigte, teilt das Ministerium mit. Dass Lehrer jetzt zwar impfberechtigt sind, bei der Online-Terminvergabe aber formal noch nicht vorgesehen sind, sei in Überarbeitung. Der Bund sei zuständig und habe eine schnelle Umsetzung zugesagt.

Bei der Anmeldung muss man sein Alter angeben; wer unter 65?ist, bekommt dann automatisch einen Astra-Zeneca-Impftermin. Dieser Impfstoff wird in Deutschland bisher nur Menschen zwischen 18 und 64 gespritzt, weil Daten zur Wirkung bei Älteren fehlen. Vorbehalten wegen der Wirksamkeit oder Nebenwirkungen haben Wissenschaftler widersprochen.

Termine sind gefragt

Das erweitere Impfangebot komme gut an. „Wir stellen eine sehr hohe Nachfrage fest, die Terminhotline war zeitweise an der Auslastungsgrenze“, sagt der Ministeriumssprecher. „Sehr zeitnah“ könnten voraussichtlich die Impfberechtigungen nochmals erweitert werden. Das betreffe dann nach dem Stufenplan der Ständigen Impfkommission die Priorität 3, etwa Menschen mit diversen Vorerkrankungen oder Kontaktpersonen von Schwangeren.

Die Prioritäten 2 und 3 umfassten eine große Zahl an Menschen unter 65. Eine Prognose, wann weitere Gruppen dran seien, deshalb schwierig, sagte der Sprecher. „Zum einen hängt dies von den Impfstoffmengen ab, die wir erhalten, zum anderen von der Impfbereitschaft der Berechtigten.“

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Erstellt:
25.02.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 25.02.2021, 06:00 Uhr

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