Uneins, aber optimistisch

Stocherer und Verwaltung beraten in kleiner Runde weiter über neue Satzung

Wer hat seine Nummer sicher – und wer könnte bei einer künftigen Liegeplatz-Vergabe mit seinem Kahn zwei Jahre auf dem Trockenen sitzen bleiben? Unter anderem darüber diskutierten Stadtverwaltung und Kahnbesitzer bei bislang vier größeren Treffen. Nun soll eine kleine Arbeitsgruppe einen neuen Vorschlag erarbeiten.

17.06.2016

Von Jonas Bleeser

Stocherkahnfahren geht bei fast jedem Wetter – vorausgesetzt, man hat Zugriff auf einen Kahn. Archivbild: Metz

Stocherkahnfahren geht bei fast jedem Wetter – vorausgesetzt, man hat Zugriff auf einen Kahn. Archivbild: Metz

Tübingen. In einem Punkt sind sich die Vertreter der verschiedenen Stocherkahn-Besitzergruppen einig: Eine Rotation bei der Vergabe der begehrten Nummern, die für einen städtischen Liegeplatz am Neckar stehen, lehnen sie weiterhin ab. Die Verwaltung jedoch sieht darin einen Weg, auch jene mit einem eigenen Kahn aufs Wasser zu bringen, die teils seit Jahren auf der Warteliste stehen. „Es gibt noch keine Einigung“, sagte Tübingens Erste Bürgermeisterin Christine Arbogast zum Hauptstreitpunkt zwischen Kahnbesitzern und Verwaltung. In großer Runde, zu der diesmal auch etliche Stadträte gestoßen waren, diskutierten sie erneut über eine neue Satzung für den Zugang zum Neckar und über verschiedenste Fragen zum Miteinander auf Tübingens Wasserstraße. Vor der Sitzung am Dienstagabend hatte ein Arbeitspapier der Verwaltung die Kahnfahrer-Gemeinde zu zahlreichen Eingaben veranlasst – darunter auch zwei eilig in Auftrag gegebene Rechtsgutachten von Verwaltungsjuristen. Eines, dessen Kernpunkte bei der Sitzung allen Teilnehmern vorgelegt wurden, bewertet eine Vergabe nach dem Rotationsprinzip gar als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, da eine Auswahl gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoße.

Die juristischen Geschütze gegen den ersten Vorstoß aus dem Rathaus haben Arbogast überrascht. Sie sieht als Grund auch Missverständnisse auf beiden Seiten: „Manche haben das Papier nicht richtig aufgefasst, und wir haben nicht alle Vorschläge aus den Reihen der Kahnbesitzer verstanden.“ Daran, dass sich an der Vergabe etwas ändern muss, hält sie weiter fest: „Es kann nicht sein, dass es nur einen neuen Platz für die auf der Warteliste gibt, wenn ein Nummern-Besitzer stirbt.“ Beim bisherigen Verfahren kamen alle zwei Jahre diejenigen bevorzugt zu ihrer Nummer, die bereits eine hatten – weshalb die derzeitigen Kahnbesitzer ungern etwas daran ändern wollen. „Die Sitzung war von unserer Seite aus schon etwas härter“, sagt Wolf Gugel, Vize-Vorsitzende des Stocherkahnvereins, der eines der Gutachten in Auftrag gegeben hatte. Er glaubt nicht, dass sich ein prinzipieller Rechtsanspruch aller Tübinger auf einen Liegeplatz durchsetzen ließe: „Jeder normal denkende Mensch sieht doch, dass das nicht geht.“ Trotzdem ist Gugel zuversichtlich, gemeinsam zu einer Lösung zu kommen.

Dazu soll nun nicht mehr im großen Plenum an einem neuen Entwurf gefeilt werden, sondern in einer kleinen Gruppe. Ein Termin steht noch nicht fest. Ihr sollen je zwei Vertreter des Stocherkahnvereins, in dem die meisten Kahnbesitzer organisiert sind, drei Vertreter der gewerblichen Stocherer und zwei Vertreter studentischer Gruppen angehören. Für den Arbeitskreis Tübinger Verbindungen wird Andreas Strecke teilnehmen. Zusätzliche Liegeplätze in höherer Zahl, um die Warteliste abzuarbeiten, hält er für keine gute Idee: „Dann kommen die nächsten 50 Bewerber dazu.“ Irgendwann würde es auf dem Neckar so zu voll: „Da könnten wir alle Kähne an eine Kette hängen und um die Insel ziehen.“

Bei allen Meinungsverschiedenheiten glaubt auch Matthias Leyk vom Verein „Pro Stocherkahn“, in dem sich gewerbliche Kahnfahrer zusammengeschlossen haben, dass man mit der Verwaltung letztlich zu einer Einigung kommen wird: „Da bin ich optimistisch.“ Er hofft weiterhin darauf, dass die Anlegestellen renoviert werden, besonders am Hölderlinturm, dem Haupteinstieg für Touristen. Dafür seien die Profi-Stocherer auch bereit, höhere Gebühren als die Privaten für den Liegeplatz zu zahlen – „in gewissen Grenzen“.

Bis zum Herbst, so der vage Zeitplan der Verwaltung, soll ein Kompromiss stehen, als Vorlage für den nötigen Gemeinderatsbeschluss. Die nächste Vergabe der Liegeplätze könnte dann für die Saisons 2018/19 bereits nach einem neuen Verfahren ablaufen – wie immer das dann auch aussehen mag.

Fragt sich bloß, wer das liebende Weib sein wird ... Zeichnung: Buchegger

Fragt sich bloß, wer das liebende Weib sein wird ... Zeichnung: Buchegger

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Erstellt:
17.06.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 17.06.2016, 01:00 Uhr

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