Stephan Neher erhielt Anzeige wegen Beleidigung

Wegen seiner Warnung vor der AfD sieht sich Rottenburgs OB erneut juristisch attackiert

Als das TAGBLATT vor acht Wochen Stephan Neher fragte, was er in seinen bisherigen zehn Amtsjahren bereue, sagte er: „Dass ich 3000 Euro bezahlt habe, obwohl ich sehr frühzeitig die AfD als das bezeichnet habe, was sie ist.“ Nicht deshalb, sondern wegen seiner Aussagen zur AfD im Grußwort für die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ im März sieht er sich nun erneut einer Strafanzeige der AfD gegenüber.

15.08.2018

Von Gert Fleischer

Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher. Bild: Bleeser

Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher. Bild: Bleeser

In dem Grußwort hatte der OB geschrieben, dass mit der AfD eine Partei in den Bundestag eingezogen sei, „bei der Ausländerfeindlichkeit und Rassismus im Programm stehen“. Das Erstarken extremer politischer Parteien gefährde ein friedliches Zusammenleben in Respekt und Toleranz, so Neher weiter. In seiner Pressemitteilung, mit der Neher am Mittwochabend die Anzeige gegen ihn publik machte, schreibt er: „Vielen Akteuren ist es zu verdanken, dass sich die Stadt Rottenburg klar gegen jegliche Tendenz der Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz wendet und als weltoffene Stadt wahrgenommen wird.“ Ihm, Neher, sei diese Grundeinstellung wichtig – zumal Rottenburgs Ehrenbürger Eugen Bolz, der von 1928 bis 1933 württembergischer Staatspräsident war, diese Werte verteidigte und dafür von den Nazis hingerichtet wurde.

Am 3. August, berichtet der OB, habe ihm die Kriminalpolizei mitgeteilt, dass sie ihn im Auftrag der Staatsanwaltschaft als Beschuldigten zum Tatvorwurf der Beleidigung vernehmen soll. Ein namentlich bekanntes Mitglied der AfD – Neher selbst kennt den Namen nicht – hatte ihn angezeigt wegen seiner Aussage, dass bei der AfD „Ausländerfeindlichkeit und Rassismus im Programm stehen“. Die Staatsanwaltschaft Tübingen leitete ein Strafverfahren wegen Beleidigung gegen Neher ein.

Neher gibt nicht klein bei. Er sieht sich in seinen Warnungen „vor den radikalen Tendenzen der AfD“, die er vor der Europawahl 2014 formulierte, bestätigt. Es sei offensichtlich, dass diese Partei „populistisch gegen Flüchtlinge und Ausländer/innen Stimmung macht“, wenn die AfD-Landtagsfraktion „unsere Landtagspräsidentin Aras aufgrund ihrer türkischen Wurzeln nicht als Präsidentin akzeptiert“, wenn Bundessprecher Alexander Gauland „die frühere Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) am liebsten in Anatolien entsorgen will“ oder wenn die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel „im Bundestag davon spricht, dass ‚Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“ nicht Wohlstand, Wirtschaftswachstum und Sozialstaat in Deutschland sichern. Es gebe weitere, „wohl auch radikalere und menschenverachtendere Zitate und Stellungnahmen“ von weniger bedeutsamen AfD-Politiker/innen, schreibt Neher. Und: „Worin nunmehr aber die Beleidigung zu sehen ist, wenn darauf hingewiesen wird, dass die handelnden Personen der AfD ihre ausländerfeindlichen und rassistischen Programminhalte anpreisen, erschließt sich mir nicht.“

In einigen europäischen Staaten seien Populisten bereits mit in der Regierung und „arbeiten tatkräftig an der Umkehr bisher geltender europäischer und christlicher Werte“, so Neher weiter. Es sei wichtig, in Deutschland vor der AfD zu warnen, „damit wir als Bürger/innen in diesem Land sicher und in Freiheit leben können“.

Zum Artikel

Erstellt:
15.08.2018, 20:14 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 13sec
zuletzt aktualisiert: 15.08.2018, 20:14 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!