In Treue fest zur Gewerbestrategie

Stadt: Wer gegen „Herdweg“ stimmt, stimmt für „Ähneshalde“ · Linke: Es gibt keinen Automatismus

Und was sagen die anderen Fraktionen? Das TAGBLATT hat nachgefragt.

16.10.2018

Von Ulrich Eisele

Die „Ähneshalde“ von Nordwesten her gesehen. Links ist der Feldweg die Begrenzung, rechts die L 361. Hinten links in der Baumgruppe liegt das E-Umspannwerk. Diesen Standort möchte die Stadtverwaltung alternativ entwickeln, wenn der „Herdweg“ scheitert. Bild: Mozer

Die „Ähneshalde“ von Nordwesten her gesehen. Links ist der Feldweg die Begrenzung, rechts die L 361. Hinten links in der Baumgruppe liegt das E-Umspannwerk. Diesen Standort möchte die Stadtverwaltung alternativ entwickeln, wenn der „Herdweg“ scheitert. Bild: Mozer

Unwahr sei die Behauptung von OB Stephan Neher, schrieb Stadtrat Volkmar Raidt am 10. Oktober in einem TAGBLATT-Leserbrief, dass es einen Gemeinderatsbeschluss gebe, wonach die „Ähneshalde“ als Gewerbestandort zu entwickeln sei, wenn der „Herdweg“ wegen des Bürgerentscheides entfalle. Die Stadtverwaltung widersprach am vergangenen Samstag prompt: Es gebe sehr wohl einen Beschluss des Gemeinderats. Der habe am 20. März 2018 nicht nur über die sieben Punkte des Beschlussantrags abgestimmt, sondern über das komplette 155-seitige Strategie- und Handlungsprogramm Wirtschaftsflächen der Imakomm. Und da stehe mehrfach drin, dass „eine Entwicklung des Bereichs ,Ähneshalde‘ als alleiniger Standort anzudenken“ wäre, wenn der „Herdweg“ nicht zur Verfügung stehe.

Darin sieht wiederum Emanuel Peter von der Linken eine „bewusste Irreführung der Öffentlichkeit“. Weder in der Beschlussvorlage noch in der Berichterstattung der Stadtverwaltung im stadteigenen Mitteilungsblatt „RoMi“, tauche das Wort „Ähneshalde“ überhaupt auf, geschweige denn ein „Plan B“. Diese Behauptung solle offensichtlich in der Bevölkerung Verunsicherung stiften und Ängste schüren, vermutet der Linken-Stadtrat.

Braucht keinen Beschluss mehr

Und was sagt Oberbürgermeister Neher dazu? Er steht auf dem Standpunkt, der Gemeinderat habe mit seinem Votum auch alle Handlungsempfehlungen des Gutachtens mitbeschlossen. Und das Papier empfehle nun mal den Alternativstandort „Ähneshalde“, wenn man im „Herdweg“ nicht zu Potte komme. „Theoretisch brauche ich keinen weiteren Gemeinderatsbeschluss“, sagt Neher. Wenn die „Herdweg“-Gegner beim Bürgerentscheid siegen, könne er die „Ähneshalde“ ohne weiteren Beschluss beim Regionalverband anmelden.

Auf den Einwand, bisher sei die „Ähneshalde“ immer als ungeeignet dargestellt worden – wegen der ungünstigen Topografie und wegen der dortigen Rebhuhn- sowie Grauammer-Vorkommen –, sagt Neher: „Das war in der Abwägung, welche Pluspunkte für die ,Ähneshalde‘ und welche für den ,Herdweg‘ sprechen.“ Das Gutachten komme eindeutig zur Ansicht, dass der „Herdweg“ an erster und die „Ähneshalde“ an zweiter Stelle weitergehend untersucht werden sollen. Entscheidend sei für ihn aber die Frage: „Brauchen wir tatsächlich Gewerbeflächen?“ Und da er diese mit Ja beantworte, müsse die Stadtverwaltung im Falle eines Scheiterns beim Bürgerentscheid eben die „Ähneshalde“ entwickeln – „mit allen Nachteilen, die das hat“.

Dass er den Wendelsheimern, Wurmlingern und Theoderich-Bewohnern damit drohen wolle, dass sie dann vielleicht ein Gewerbegebiet vor die Nase bekommen, bestreitet Neher: „Wir wollen damit keinem Angst machen, sondern nur Transparenz herstellen.“

„Ich sehe das auch so wie der OB“, sagt Horst Schuh von der CDU. „Der ,Herdweg‘ hat oberste Priorität. Aber wenn sich dieser Plan nicht umsetzen lässt, muss man prüfen, ob es mit der ,Ähneshalde‘ klappt. Das haben wir so beschlossen. Ich sehe das schon als ,Plan B‘. Ich weiß bloß nicht, ob das umsetzbar ist.“

Ebenso Hermann Josef Steur: Im Imakomm-Gutachten würden „Herdweg“ und „Ähneshalde“ in der Bewertung sehr nahe beieinander liegen, erinnert sich der SPD-Stadtrat. Zu den Gedankenspielen wolle er sich eigentlich gar nicht äußern, „denn wir, die SPD-Fraktion, gehen davon aus, dass es einen Beschluss pro ,Herdweg‘ gibt“. Es sei auch nicht so, dass die „Ähneshalde“ als Gewerbegebiet prinzipiell ungeeignet wäre. Sie sei nur „weniger geeignet“. Für die SPD sei von vornherein klar gewesen: „Es gibt keinen idealen Standort.“ Wir werden sehen, was jetzt beim Bürgerentscheid rauskommt“, sagt Steur. „Ich hoffe nur, dass alle Seiten die Entscheidung akzeptieren.“

Keine Strategie, nur Suche

Für Ursula Clauss von den Grünen ist die Frage nach der Gemeinderats-Beschlusslage „eine ganz schwierige“, weil bisher der „Herdweg“ eindeutig priorisiert worden sei. Dann seien „Einwände vom Naturschutz“ gegen die „Ähneshalde“ vorgebracht worden, und nun solle sie wieder als „Plan B“ ins Spiel kommen? „Das bestätigt uns, dass es keine Strategie, sondern nur die Suche nach einem neuen Gewerbegebiet ist“, sagt Clauss. Genau aus diesem Grund hätten die Grünen strategische Alternativen gefordert: Nachverdichtung, Flächenrecycling und anderes. Leider habe sich niemand angeschlossen. „Es ist in jedem Fall eine Katastrophe“, findet die Fraktionsvorsitzende. Aber die „Ähneshalde“ einfach als Alternativstandort entwickeln, ohne neuen Gemeinderatsbeschluss? Das kann sie sich nicht vorstellen. „Da gehen nochmal mehrere Fraktionen drüber“, sagt sie.

Alfons Heberle, Fraktionsvorsitzender der Freien Bürger/FDP, ist sich nicht sicher, ob der Gemeinderat am 20. März auch über den „Plan B“ mit abgestimmt hat. „Selbst Baubürgermeister Thomas Weigel hat in einer Diskussion gesagt, dass es keinen ,Plan B‘ gibt“, wendet er ein. Ob im Gemeinderat noch einmal über die „Ähneshalde“ abgestimmt werden müsse, wisse er nicht. „Der OB ist der Herr der Tagesordnung“, sagt Heberle. „Ich bin komplett dagegen. Ich meine, dass wir die Handwerker auch ohne neues Gewerbegebiet unterbringen.“

Schon noch mal diskutieren

„Klar ist für uns, dass wir ein kernstadtnahes Gewerbegebiet brauchen“, sagt Christian Biesinger von den Jungen Aktiven. „Und wenn es im ,Herdweg‘ nicht geht, dann eben in der ,Ähneshalde‘, wenn auch ungern. Wir brauchen Flächen.“ Wenn am Sonntag die „Herdweg“-Gegner siegen, würde er über das weitere Vorgehen schon gerne noch einmal diskutieren. „Wir müssen mit dem Ergebnis ja auch umgehen“, findet er.

„Ich habe sowieso die ,Ähneshalde‘ vorgeschlagen“, sagt Jörn Heumesser, Fraktionsvorsitzender der WiR. „Mir wäre es recht, wenn beim Bürgerentscheid mit Ja abgestimmt wird, dann kommt mein Vorschlag wieder in Betracht. Gewerbeflächen brauchen wir auf jeden Fall.“