Kommentar · Stefan Eissler, die AfD und die Schwarze Nacht

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!

Die „Schwarze Nacht“ war Stefan Eisslers Baby. Die Party, die eigentlich Dark Visions heißt, begann vor vielen Jahren im Zentrum Zoo. Eissler – damals am Einlass des Clubs tätig – übernahm die Organisation der Party nach der Schließung des Zoos. Eine Veranstaltung in der Gothic-Szene, die sich vorwiegend als unpolitisch begreift und bezeichnet.

13.08.2016

Von Lorenzo Zimmer

Jetzt hat es geknallt. Denn Stephan Eissler ist vor einigen Wochen in die AfD eingetreten. Damit geht er öffentlich um, postet politische Beiträge in sozialen Netzwerken. Und just in Eisslers geliebtem Medium – der sozialen Plattform Facebook – kam es zu einer hässlichen Auseinandersetzung. Denn die DJs der Veranstaltung haben deutlich gemacht, dass sie sich keine weitere Zusammenarbeit mit Eissler vorstellen können. Das hatte er erwartet. Aber sie haben ihm auch verboten, sich von seinen langjährigen Gästen ein letztes Mal zu verabschieden.

Es gebe „in der schwarzen Szene keinen Platz für Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und Rassismus“, heißt es in einer Stellungnahme der DJs auf Facebook. Ähnlich sieht es bei der Tübinger Nacht aus, an deren Organisation Eissler seit Jahren beteiligt ist. Hier zieht er sich aus freien Stücken zurück. Man könnte sagen: in weiser Voraussicht. Mitorganisator Holger Kesten deutete gegenüber dem TAGBLATT an, dass es einige Gastronomen gibt, mit denen eine Zusammenarbeit Eisslers jetzt schwierig werden könnte.

Natürlich steht es jedem offen, Debatten oder Gespräche mit AfD-Mitgliedern von vornherein abzulehnen. Auch steht es jedem frei, eine Herzensangelegenheit nicht länger mit einem AfD-Mitglied betreiben zu wollen. Schließlich gibt es in dieser Partei Antisemiten, Rassisten und eine Menge Populisten, die gezielt Fremdenhass schüren. Obwohl Eissler sich davon nach außen distanziert, bleibt der Umgang jedem selbst überlassen. Eissler selbst sieht sogar ein, dass für viele eine Zusammenarbeit mit ihm unmöglich geworden ist. Doch auf der anderen Seite fühlt er sich zu Unrecht stigmatisiert. Durch die Szene gingen Aufrufe, die an „Kauf nicht beim Eissler“ erinnern. Man solle seine Veranstaltungen boykottieren. In Ordnung oder doch zu viel des Guten?

Jeder Einzelne wird sich Gedanken machen müssen, wie er mit dem Teil der Bevölkerung umgehen will, der sich vorstellen kann, sein Kreuz bei der AfD zu machen. Die Beweggründe dafür mögen sehr unterschiedlich sein. Unbestritten ist, dass unter den AfD-Anhängern auch solche sind, die zu Recht im gesellschaftlichen Abseits landen – etwa wegen Fremdenhass oder Antisemitismus. Aber wegen der drei Buchstaben A, F und D menschliche Kontakte abzubrechen, nachvollziehbare Wünsche abzulehnen und jeden Erklärungsversuch abzukanzeln, ist nicht gerade demokratisch. Es ist eine Vorgehensweise der Stigmatisierung und Pauschalisierung, die der Demokratie unwürdig ist: den politischen Gegner mit einem Brandzeichen zu versehen, das jedem sagt: „Halte dich bloß fern!“