Ammerbuch · Ukraine

Solidarität mit Herz, Leber und Lyoner

Die Metzgerei Egeler und andere Ammerbucher Betriebe wollen helfen. Auch Privatleute sind gefragt.

04.03.2022

Von Uschi Hahn

Die Metzgerei Egeler spendet 1000 Dosen Wurst und Fleischgerichte für die Ukraine. Bild: Anke Vetter

Die Metzgerei Egeler spendet 1000 Dosen Wurst und Fleischgerichte für die Ukraine. Bild: Anke Vetter

Lyoner und Bauernbratwurst, Herzragout und Lebergeschnetzeltes und dazu auch Rinderbraten: In der Metzgerei Egeler in Reusten kommt gerade alles in die Dose, was Menschen satt machen könnte, die vor dem Krieg in der Ukraine auf der Flucht sind. Insgesamt 1000 Wurst- und Fleischkonserven will der Familienbetrieb auf den Weg bringen.

„Das ist unser Beitrag“, sagt Seniorchef Günther Egeler über die nahrhafte Spende. „Ich muss einfach was tun“, begründet der Metzgermeister die spontane Aktion, die auch ihn selbst erleichtern soll. Er verspüre „einfach so einen Druck“, beschreibt der 65-Jährige seine Gefühle angesichts der Bilder von zerbombten Städten und verzweifelten Menschen, die sich in Sicherheit bringen wollen. Nie hätte er gedacht, „dass ich noch so einen Krieg erleben muss“. Dosen zu befüllen sei allemal besser, als den Nachrichten hilflos ausgeliefert zu sein.

Besonders stolz ist Günther Egeler auf die Beschriftung der Konserven. Er lässt sie auf Ukrainisch bedrucken, „so dass die Empfänger genau wissen, was der Inhalt ist und wie lange sie haltbar sind“. Auf den Dosen mit Lyoner steht noch der Zusatz „Wurst für Kinder“. Lyoner, sagt Egeler, sei doch „die klassische Kinderwurst“. Im Laden reichen sie ja auch immer ein paar Rädle Lyoner über die Ladentheke, wenn Kinder mit zum Einkaufen kommen. Für die ukrainischen Flüchtlingskinder gibt es die Lyoner nun eben in der Dose. Auch der Rinderbraten kommt nicht von ungefähr in die Spenden-Konserve. „Vielleicht sind ja auch Muslime unter den Flüchtlingen“, hat Egeler überlegt.

Konserven sonst für die Tafel

In den anderen Dosensorten steckt Fleisch von Schweinen und Rindern aus der Region, allesamt im Rottenburger Schlachthof getötet, wie Egeler betont. Innereien wie Leber und Herz verarbeitet er auch sonst zu haltbaren Konserven. Vor allem zu Zeiten, in denen der Bedarf für Grill- und Bratenfleisch groß ist, wird die Metzgerei gar nicht all die frischen Innereien los, wie sie beim Schlachten eines Tieres nun mal anfallen. „Zum Wegwerfen ist mir das zu schade“, begründet Egeler, weshalb er die weniger edlen Teile seiner Schlachttiere auf Vorrat einfriert und später zu Dosenware verarbeitet.

In normalen Zeiten stellt er die Konserven, die er nicht im Laden verkaufen kann, den Tafelläden für Bedürftige in Rottenburg und Tübingen zur Verfügung. Doch jetzt, so sieht es Günther Egeler, ist der Bedarf in der Ukraine größer.

Der Reustener Metzger reagiert mit seiner Aktion auf einen Spendenaufruf, den die beiden Ammerbucher Unternehmer Darius Postweiler und Felix Stöckle spontan im Freundes- und Bekanntenkreis und „auf allen Social Media-Kanälen“ gestartet haben, wie Postweiler sagt. Der Geschäftsführer der Altinger Gerüstbaufirma Quadrex und der Chef der Entringer Firma Inka Pura, die in Entringen die Produkte Sirup, Kakaobohnen und Süßungsmittel aus der peruanischen Inkawurzel vertreiben, spielen zusammen Fußball und beschlossen am Mittwochabend beim Training, etwas für die Kriegsopfer in der Ukraine zu tun.

„Wir wollten nicht lange fackeln“, sagt Postweiler. „Die Leute brauchen jetzt schnell Hilfe“, findet der 27-jährige Altinger. Deshalb klappern er und sein Fußballfreund nun „sämtliche Firmen ab“ und fragen, was sie an Hilfsgütern erübrigen können. Auch Privatleute sind aufgerufen, Winter- und Kinderkleidung, Verbandsmaterial, Masken, Sportsachen, Wasser, Konserven und haltbare Lebensmittel, Isomatten, Decken, Rucksäcke, Hygieneartikel oder auch Klopapier zu spenden. Angenommen wird alles am Samstag, 5. März, von 10 bis 15 Uhr an der Ammerbucher Gemeinschaftsschule beim Entringer Bahnhof. „Wir wissen nicht, was uns erwartet“, sagt Postweiler. „Aber wir hoffen, dass es einen großen Zuspruch gibt.“

Bis dicht an die Grenze

Die Firma Quadrex selbst steuert 4444 Tafeln Schokolade bei – und stellt die Logistik für das Einsammeln der Spenden und den Weitertransport zum Sammelplatz der Aktion „Helfen statt Hamstern“ (helfen-statt-hamstern.de) der Ukraine-Hilfe Sindelfingen. Von dort aus sollen die Sachspenden mit dem Lkw in die polnische Partnerstadt Chelm gebracht werden, die nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt liegt. Dort werden in den nächsten Tagen sehr viele Kriegsflüchtlinge erwartet. Auch nach Moldawien, wohin ebenfalls viele Menschen aus der Ukraine flüchten, soll ein Transport gehen.

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Erstellt:
04.03.2022, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 04.03.2022, 01:00 Uhr

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