Energie

Sinken die Preise bald wieder?

Diesel, Gas, Heizöl und Strom sind zurzeit sehr teuer. In manchen Bereichen wird mit einer Entspannung gerechnet, in anderen allerdings nicht.

27.10.2021

Von Dieter Keller und Dorothee Torebko

Ob Gas, Sprit oder Strom: Zurzeit kennen die Preise nur eine Richtung, die nach oben. Fotos: Bernd Wüstneck

Ob Gas, Sprit oder Strom: Zurzeit kennen die Preise nur eine Richtung, die nach oben. Fotos: Bernd Wüstneck

Berlin. In riesigen Ziffern können die Autofahrer täglich verfolgen, wie die Benzinpreise förmlich explodieren. Ein Liter Diesel kostete letzte Woche 1,56 Euro, so viel wie noch nie. Erdgas und Strom werden bei Anbietern drastisch teurer, die über keine längerfristigen Lieferverträge verfügen. Der Ruf nach Abhilfe wird immer lauter.

Warum sind Benzin und Heizöl derzeit so teuer? Zu einem erheblichen Teil, weil wir verwöhnt waren: Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 brachen die Rohölpreise ein. Im April 2020 kostete ein Fass (159 Liter) Rohöl der Sorte Brent nur 14,24 Dollar. In der vergangenen Woche waren es 75,32 Dollar, also fünfmal so viel. Die Preise an der Tankstelle spiegeln diese Entwicklung wider: Diesel kostete im Oktober 2020 nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbands nur 106,34 Cent pro Liter, also 50 Cent weniger als derzeit. Bereits seit Sommer 2020 gewinnt die Industrieproduktion wieder weltweit an Fahrt und damit die Nachfrage nach Öl. Zudem hatten sich die Opec und Russland im April geeinigt, die Förderung zu drosseln. Allerdings wollen sie die Mengen 2022 wieder erhöhen. Daher gehen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute davon aus, dass das Preisniveau nicht ganz so hoch bleibt. Die Aussicht: Entspannung auf hohem Niveau.

Warum ist Erdgas so teuer? Früher war der Gaspreis direkt ans Öl gekoppelt, aber das hatte der Bundesgerichtshof schon 2010 gekippt. Derzeit ist das Angebot knapp. Denn die Gasspeicher sind vor Beginn der kalten Jahreszeit ungewöhnlich leer. Der russische Präsident Wladimir Putin steht im Verdacht, am Gashahn zu drehen, um den Start der neuen Pipeline Nord Stream 2 zu erzwingen. Zudem fällt ein Teil des Erdgases bei der Ölförderung an, die noch niedriger ist als vor Corona, und in Asien steigt die Nachfrage deutlich. Die Wirtschaftsforscher rechnen vorerst weiter mit hohen Preisen. Im Frühjahr dürften sie aber „sehr deutlich“ zurückgehen.

Die aktuellen Literpreise für Kraftstoff werden an einer Preistafel vor einer Tankstelle angezeigt. Die Preise für Benzin und Diesel sind in den letzten Wochen in Deutschland stark gestiegen. Bild: Ronald Rampsch/shutterstock.com

Die aktuellen Literpreise für Kraftstoff werden an einer Preistafel vor einer Tankstelle angezeigt. Die Preise für Benzin und Diesel sind in den letzten Wochen in Deutschland stark gestiegen. Bild: Ronald Rampsch/shutterstock.com

Warum ist Strom so teuer? Aktuell müssen private Haushalte im Schnitt 31,38 Cent pro Kilowattstunde zahlen, so viel wie noch nie, hat das Vergleichsportal Verivox ermittelt. Da kommt einiges zusammen: Die teuren Rohstoffe Öl, Gas und Kohle lassen die Einkaufspreise der Versorger kräftig klettern. Wer nicht über längerfristige Lieferverträge verfügt, gerät gewaltig in Probleme. Zudem steigen die Netzentgelte, also die Kosten für den Transport des Stroms. Anfang 2022 sinkt zwar die EEG-Umlage für Ökostrom deutlich. Das dürfte aber durch höhere Erzeugerpreise und Netzentgelte aufgefressen werden – mit einem Rückgang wird nicht gerechnet.

Welchen Einfluss hat die CO2-Abgabe? Seit diesem Jahr sind beim Handel mit Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas 25 Euro pro verursachter Tonne CO2 zu zahlen. Das macht sich an der Tankstelle und beim Heizen bemerkbar: Verbraucher zahlen sieben Cent je Liter Benzin mehr. Heizöl und Diesel kosten 7,9 Cent pro Liter mehr. Künftig wird es noch teurer: Die CO2-Steuer steigt bis 2025 auf 55 Euro pro Tonne CO2. Im Gegenzug wurde die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer von 30 auf 35 Cent angehoben, ab 2024 ist eine weitere Erhöhung um drei Cent geplant. Unklar ist, was unter einer Ampel-Koalition passiert. Im Sondierungspapier ist von der Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen die Rede. Dazu würde auch eine Pendlerpauschale gehören. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner gab gegenüber dieser Zeitung Entwarnung. Pendler im ländlichen Raum seien auf das Auto angewiesen. Die wolle man nicht „schlechter stellen“.

Sinken die Preise bald wieder?

Was kann die Politik tun? Die EU-Kommission hat vor zwei Wochen einen Instrumentenkasten vorgelegt von Steuersenkungen über direkte Hilfen bis zu gemeinsamem Gaseinkauf. Handeln müssen aber die einzelnen Länder. Die Benzin-, Gas- und Strompreise bestehen zum erheblichen Teil aus Steuern und Abgaben. Andere europäische Länder haben bereits kurzfristige Änderungen der Energiesteuern beschlossen. In Spanien wurde die Mehrwertsteuer auf Strom vorübergehend gesenkt. Ähnliche Überlegungen gibt es in Deutschland. Noch-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) schlug vor, die Mineralölsteuer zu reduzieren. Ob die künftige Bundesregierung da mitzieht, ist angesichts der milliardenschweren Investitionsvorhaben fraglich. Es ist wahrscheinlicher, dass Geringverdienern, die von der Preissteigerung beim Tanken und Heizen besonders betroffen sind, anders geholfen wird. Möglich wären kurzfristige Hilfen wie in Frankreich, wo ärmeren Haushalten je 100 Euro ausgezahlt wurden.