Ein Herz für alte Technik

Simon Beck sammelt alte Motorsägen

Simon Beck aus Hirrlingen hat ein ungewöhnliches Hobby: Der 25-Jährige sammelt und restauriert alte Motorsägen.

12.04.2018

Von Ulrich Eisele

Simon Beck mit einer Stihl Benzinmotorsäge mit drehbarem Schwert aus den 1950er Jahren. Bild: Eisele

Simon Beck mit einer Stihl Benzinmotorsäge mit drehbarem Schwert aus den 1950er Jahren. Bild: Eisele

Beruflich kommt es bei Simon Beck auf den tausendstel Millimeter an: Der 25-jährige Industriemechaniker arbeitet als Anwendungstechniker im Vorführzentrum der Paul Horn AG an Präzisionswerkzeugen zum Drehen, Fräsen, Schneiden und Nuten. Privat beschäftigt sich der Hirrlinger aber lieber mit Maschinen aus der Steinzeit der Industrialisierung, die noch richtig qualmen, knattern und stinken: Motorsägen.

Wie kommt man darauf? Es begann alles mit einer alten Motorsäge, einem Erbstück seines Großvaters. „Der nahm mich als kleinen Jungen oft mit in den Wald“, erzählt Simon Beck. Die Forstarbeit liegt der Familie im Blut – sozusagen. Zur Weihnachtszeit verkaufte Großvater Christbäume aus dem eigenen Wald, und auch Enkel Simon greift noch regelmäßig zur Säge, um Holz für den Eigenbedarf zu machen.

Die alte Säge, eine „Stihl 08 S“, stand, wie gesagt, funktionsuntüchtig in der Garage, während Simon Beck an seinem alten, grünen Fendt-Dieselross herumwerkelte – der Hirringer ist auch Mitglied bei den Schwungradfreunden. Weil er den stummen Vorwurf des Maschinchens nicht länger ertrug, nahm er das Erfolgsmodell – eines der meistgebauten des schwäbischen Kettensägenherstellers – eines Tages auseinander, setzte es wieder zusammen, zog am Seilzugstarter und ... – „Als das Ding plötzlich wieder lief, hat es bei mir ,klick‘ gemacht. Das war die Initialzündung.“

Den nächsten Denkanstoß gab eine Begegnung bei einem Schleppertreffen. „Da hatte einer so eine alte Stihl-Kettensäge dabei, eine ,Contra‘. Da dachte ich mir: Wow, so ein Ding will ich auch haben.“ Inzwischen stehen mehrere Modelle der 1959 erstmals gebauten Benzinmotorsäge unterschiedlichen Alters in Becks Regalen.

„Das Gerät hat die Forstarbeit revolutioniert“, schwärmt Simon Beck, „weil man damit auch waagrecht sägen konnte“. Die alten Motorsägen hatten – so erzählt er – einen Schwimmervergaser, der bei waagrechter Arbeitsweise den Zylinder in Benzin ersäufte. Einige hatten deshalb eine Vorrichtung, mit der man das Kettensägeschwert um 90 Grad drehen konnte. Selbstverständlich kann auch Simon Beck ein solches Gerät aus seiner Sammlung zeigen.

Noch älter ist eine Zweimannkettensäge, die unscheinbar und rostig auf dem Boden der Garage steht. „Sie musste von zwei Mann gehalten werden“, erklärt Simon Beck. „Eigentlich sammle ich nur Stihl-Motorsägen“, setzt er hinzu. Ihn treibt nicht die Leidenschaft von Sammlern, die von einer Objektgattung möglichst viele unterschiedlichen Exemplare haben möchte, sondern die des Tüftlers, der alten Maschinen wieder Leben einhauchen will.

Freude und Anerkennung schwingt in seinen Worten mit, wenn er von den meist viel schwerer und stabiler als heutige Kettensägen gebauten Ungetümen spricht. „Bei der hier“ – er zeigt auf ein neueres Modell – „ist alles aus Plastik: Abdeckhaube, Tank, Griffschale. Die bringen Sie nach 30 Jahren nicht mehr zum Laufen“, meint er abschätzig.

Eines der Modelle hat Simon Beck aufgesägt – wie ein Ausstellungsstück für die Berufsschule: Man kann den Kolben auf- und abgleiten sehen, die Vergaserklappe, die sich öffnet, wenn man am Gasgriff drückt. Die Gehäuseschalen sind perfekt lackiert, während die anderen, historischen Modelle Macken und Gebrauchsspuren tragen. „Sammler wollen eher den Original-Erhaltungszustand“, erklärt Beck, „die wollen nicht, dass es wie neu aussieht.“

Im Originalzustand könnte man mit so einer alten Kettensäge auf einer Auktion schon einmal einen vierstelligen Betrag erzielen – wenn das Modell zu einer gefragten Baureihe gehört und die richtige Seriennummer trägt. Aber daran ist Simon Beck nicht gelegen. Er will mit seinem Hobby keine Gewinne erzielen. Der Wert seiner Geräte liege in der Regel „im unteren dreistelligen Bereich“, sagt er – mittlerweile sind es 25 –, aber verkaufen mag er ohnehin keine. Allenfalls tauschen würde er mit einem anderen Sammler, der ein Modell besitzt, welches er noch nicht hat.

Was er noch nicht mag: Auftragsreparaturen. Einige seien nach einem Bericht im Südwestrundfunk mit kaputten Sägen zu ihm gekommen, erzählt er und gesteht: „Ich kann schlecht ,Nein‘ sagen.“ Lieber wäre ihm, wenn er gar nicht erst gefragt würde.

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Erstellt:
12.04.2018, 07:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
zuletzt aktualisiert: 12.04.2018, 07:30 Uhr

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