Der Olympiasieg war für den Deutschland-Achter dieses Mal nicht drin

Silber als Maximum

Gold in London, Silber in Rio: Der Deutschland-Achter hat ein gutes Rennen gezeigt, aber die Briten waren stärker und am Ende eine halbe Länge voraus.

15.08.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Erschöpft am Ziel: Die Enttäuschung über Silber war direkt nach dem Rennen groß, doch letztlich musste der Achter mit der Medaille zufrieden sein. Foto: Imago

Erschöpft am Ziel: Die Enttäuschung über Silber war direkt nach dem Rennen groß, doch letztlich musste der Achter mit der Medaille zufrieden sein. Foto: Imago

Rio de Janeiro. Spektakulärer kann die Szenerie für ein Olympiafinale kaum sein. Unter den Augen der berühmten Christusstatue auf dem Corcovado holten die „glorreichen Zehn“, wie sie seit dem Triumph von London 2012 heißen, im allerletzten Wettbewerb die Silbermedaille auf der Ruderstrecke am Estadio da Lagoa mit seinen gewaltigen, vollbesetzten Stahlrohrtribünen.

Die glorreichen Zehn? Acht starke Männer an den Riemen, ihr Steuermann Martin Sauer – und als zunächst gewohnt zurückhaltender Zuschauer der Bundestrainer (siehe auch Info-Box). Wieder war der inzwischen 60-jährige Ralf Holtmeyer der Mann im Hintergrund, der am Stützpunkt in Dortmund das deutsche Flaggschiff auf Medaillen-Kurs gebracht hat.

„Natürlich gewinne ich lieber, aber die Briten waren diesmal besser. Es ist nicht umsonst die stärkste Ruder-Nation, die es gibt“, sagte Steuermann Martin Sauer. Und sie haben die Schmach von 2012, als es beim olympischen Heimrennen nur zu Bronze reichte hinter dem deutschen Flaggschiff und den Kanadiern, in Rio ausgebügelt. Der Olympiasieg ist alles andere als eine Überraschung: Der britische Achter war bereits bei den Weltmeisterschaften 2013, 2014 und 2015 nicht mehr zu bezwingen gewesen.

Es war spannend, mitreißend, aber letztlich eine klare Angelegenheit und kein so enges Rennen wie kurz zuvor das Einer-Finale. Da hatte sich wie vor vier Jahren der Neuseeländer Mahe Drysdale hauchdünn gegen den Kroaten Damir Martin durchgesetzt. Ein Fotofinish: Erst nach Auswertung der Zielkamera stand der Sieger fest. Das deutsche Großboot scheiterte am zweiten Erfolg hintereinander um 1,33 Sekunden. Bronze ging an die Niederländer, die knapp zwei Sekunden hinter den Briten lagen. Nach 1000 Metern, der Hälfte des Rennens, hatten sie bereits 2,54 Sekunden herausgefahren – eine dreiviertel Bootslänge. Auch wenn die deutschen Ruderer noch zwei Zwischenspurts einlegten, einen solchen Vorsprung lässt sich auf diesem Niveau kaum jemand mehr nehmen. Schlagmann Hannes Ocik aus Schwerin brachte es auf den Punkt: „Kurz nach der 1000-Meter-Marke war klar, die Briten kannst du vergessen. Die sind physisch zu überlegen. Aber wir haben gut gekämpft und können stolz sein.“ So sah es auch der Ulmer Maximilian Reinelt (siehe auch Interview): „Ich bin wegen Silber nicht gram und lasse mir das auch nicht kleinreden.“ Bei der Siegerehrung durch den IOC-Präsidenten Thomas Bach aus Tauberbischofsheim musste sich die Niederlage allerdings erst setzen, da war auch Enttäuschung in den Gesichtern zu sehen. Doch Trainer Holtmeyer, der den Achter nach dem London-Triumph auf mehreren Positionen umbauen musste, wusste: Silber ist diesmal (fast) wie Gold. „Die Briten sind super stark gefahren, es sind ja keine Pappkameraden. Sie haben ein Traumrennen gezeigt.“

Und seine Crew hatte gegen die gefährlichen Niederländer stark gekontert. Auf den letzten Metern fing sie den Angriff souverän ab, während die Briten mit einer halben Länge Vorsprung schon durchs Ziel gerauscht waren. Silber plus zwei Goldmedaillen – so lautete auch 2012 die deutsche Ruder-Bilanz. Doch waren diesmal nur noch zehn statt 14 Bootklassen vertreten und nur drei statt acht in den Finals. Das zeigt eine bedenkliche Entwicklung, auch wenn, an den Medaillen gemessen, die Fassade noch stimmt.