Warmes Essen für vier Wochen

Siebte Tübinger Vesperkirche öffnet am 24. Januar für einen Monat

Zum siebten Mal wird‘s in der Tübinger Martinskirche ab 24. Januar wieder eine Vesperkirche mit einer warmen Mittagsmahlzeit am Tag und vielen Angeboten drumherum geben. Nach den Erfahrungen vom Vorjahr hat das Leitungs-Team beschlossen, die Vesperkirche für vier Wochen, und damit eine Woche länger, zu öffnen.

03.12.2015

Von Christiane Hoyer

Auch die siebte Tübinger Vesperkirche ist wieder in der Martinskirche in der Frischlinstraße 35 untergebracht.Archivbild: Metz

Auch die siebte Tübinger Vesperkirche ist wieder in der Martinskirche in der Frischlinstraße 35 untergebracht.Archivbild: Metz

Tübingen. Die Entscheidung hat soziale, aber auch organisatorische Gründe. Für Menschen, die bedürftig sind, „sind vier Wochen Wärme mehr als drei Wochen“, sagt Diakon Peter Heilemann, der zusammen mit Pfarrer Christoph Cless und Anke Becker (ehemals Eckold) wieder hauptverantwortlich ist. „Mehr Ruhe“ im Vesperkirchen-Alltag für die ehrenamtlichen Mitarbeiter wünscht sich vor allem Anke Becker durch eine vierwöchige Öffnung, die man vor zwei Jahren schon mal ausprobiert hatte, aber auch als „kräftezehrend“ erlebte.

Inzwischen hat das Leitungs-Team aber so viel Routine, dass man sich für ein verlängertes Angebot entschied. Zu den ehrenamtlichen Helfern im Team zählen Manuela Rubow, Petra Kindler, Helmut Hille-Brunke und erstmals auch Jurij Suchowerskyj. Das Thema Wohnungslosigkeit, das viele Vesperkirchen-Besucher betrifft, wird auch in einer Ausstellung dokumentiert. „15+5“, so der Titel, ist eine Leihgabe der Arbeiterwohlfahrt AWO. Sie zeigt 20 Porträts des TAGBLATT-Fotografen Horst Haas – von jungen Menschen mit und ohne Dach über dem Kopf.

Wohnungsnot in Tübingen: „Das betrifft viele Menschen“, sagt Pfarrer Cless. Ob Flüchtlinge, Studierende, Obdachlose oder Ältere, die mit Grundsicherung auskommen müssen: Armut macht auch vor den Toren der Unistadt Tübingen nicht halt. Das Grundkonzept der Vesperkirche, unabhängig von den Besuchern, bleibt: „Alle Bewohner sind eingeladen, zu uns zum Essen zu kommen und mit Leuten zusammenzusitzen, die sie sonst nicht treffen“, sagt Pfarrer Cless. Von dieser Besuchermischung lebe die Vesperkirche.

Das Team stellt sich auch auf neue Besuchergruppen, etwa auf Flüchtlinge, ein und sieht den Aufgaben gelassen entgegen. „Ich hoffe, dass wir kein Schild brauchen: Vesperkirche wegen Überfüllung geschlossen“, sagt Heilemann. Bis zu 400 Essen gaben die Haupt- und Ehrenamtlichen bei der sechsten Vesperkirche täglich aus. Das Pauline-Krone-Heim in der Nachbarschaft ist weiterhin ein zuverlässiger und flexibler Lieferant – ohne Aufpreis im neuen Jahr trotz höherer Personalkosten in der Küche.

Da die sechste Vesperkirche ein Defizit von 6000 Euro gemacht hat, ist die evangelische Gesamtkirchengemeinde als Träger auf Spenden angewiesen. Zirka 16 000 Euro fallen pro Woche an Ausgaben an. So ist jede Spende willkommen – bezahlt wird fürs Essen je nach Geldbeutel und auf freiwilliger Basis. Freiwillig sind auch die Kuchenspenden, die bei den Gästen besonders beliebt sind. Einzelne Kirchengemeinden haben eigene Backtage organisiert, aber jede private Kuchenspende ist ebenfalls willkommen.

Fahrer zum Abholen

von Backwaren gesucht

Auch freiwillige Fahrer, die in Bäckereien und Lebensmittelgeschäften bereitgestellte Backwaren vom Vortag einsammeln, werden noch gesucht. Wer bei der Vesperkirche mitarbeiten will, kann sich ab 12. Dezember bei Anke Becker melden (Telefon: 0 70 71/ 930 412).

Das bewährte Angebot von Fußpflege, Frisör, Massage, Gesprächskreis, Seelsorge und Arztgespräch wird es auch bei der siebten Vesperkirche geben. Neu ist, dass der Arzt Mstyslav Suchowerskyj die Patienten im Martinssaal berät. Bei Bedarf kann er sie an Dr. Susanne und Ulrich Ziegler verweisen kann, die jetzt eine Zulassung für kostenlose Sprechstunden im Männerwohnheim haben. Dort ist auch die Kleiderkammer der Wohnungslosenhilfe, die allen Tübingern offensteht, sodass die Vesperkirchen-Mitarbeiter sich auf ihr „Kerngeschäft“ konzentrieren können. Zwei sozialkritische Vortragsabende und kulturelle Benefizveranstaltungen runden das Vesperkirchen-Begleitprogramm ab.

Fakten zur siebten Vesperkirche 24. Januar bis 20. Februar 2016

Essensausgabe in der Martinskirche: 11.45 bis 14 Uhr; Öffnung ab 11.30 Uhr (Frischlinstraße 35).

Sonntag, 24. Januar, 10 Uhr: Eröffnungsgottesdienst mit Diakon Peter Heilemann.

Benefiz-Kulturprogramm: 14. Februar, 17 Uhr, Stiftskirche: Alte und neue Musik, Lehrer der Musikschule; 27. Januar, Martinskirche, Schlagzeug und Orgel (Musikschule, Elisabeth Fröschle); 18. Februar, 20 Uhr, Eberhardsgemeinde: Ernst und Heinrich: „Donderblitz und Haidanei“.

Vorträge: 30. Januar, Sozialethiker Prof. Ulrich Duchrow aus Heidelberg (Gemeindehaus Lamm):

4. Februar, 18 Uhr: Armut in Tübingen mit der Fachbereichsleiterin Uta Schwarz-Österreicher (Martinskirche).

Spenden: 7. Tübinger Vesperkirche; IBAN DE91 641500 20 000 4444 112; SOLADES1TUB