Filmtage

Sie bewegte sich wie Chaplin

Jungstar Daphné Patakia hatte vor ihrer Rolle in Tony Gatlifs „Djam“ noch nie etwas mit Rembetiko zu tun, trotzdem wurde sie für die Rolle gecastet.

06.11.2017

Von Thomas Volkmann

Daphné Pataki scheint sogar das ausgewachsene Maskottchen der Französischen Filmtage zu mögen.Bild: Volkmann

Daphné Pataki scheint sogar das ausgewachsene Maskottchen der Französischen Filmtage zu mögen.Bild: Volkmann

Jugendlich, leicht, unverstellt und voller Temperament – so tanzt, singt und spielt sich die 25-jährige Schauspielerin Daphné Patakia durch Tony Gatlifs Roadmovie „Djam“. Erstaunlich dabei: als sie für ihre Rolle vorsprach, war ihr vieles davon noch komplett fremd.

Mademoiselle Patakia, Sie sind in Brüssel geboren und aufgewachsen, haben Schauspiel in Athen studiert und leben aktuell in Paris. Warum hat Tony Gatlif Sie für die Hauptrolle als Djam gewählt?

Na ja, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass ich weder Bauchtanzen, wirklich gut singen noch die Baglamas, diese kleinere Version einer Bouzouki, spielen kann, bat er mich, einfach mal nur auf und ab zu gehen – und meinte dann, ich würde laufen wie Charlie Chaplin. Er hat mir dann noch ein Video von ‚Singing in the rain‘ mit Gene Kelly gezeigt – und so ist dann auch die erste Szene des Films entstanden, in der ich ohne jegliche Choreografie tanze. Mit einem Coach habe ich dann drei Monate lang orientalischen Tanz gelernt und mir über Youtube-Videos das Spielen der Baglamas beigebracht. Tony gab mir dann noch Tipps für die vom Exil handelnden Lieder und hat mir gesagt, dass ich keine Angst haben brauche, wenn mal ein Ton daneben geht. Die Musikszenen sind dann tatsächlich auch alle live entstanden – und genau diese Energie kann man, denke ich, auch im Film spüren.

Wie vertraut waren Sie vorher schon mit der Musik des Rembetiko?

Auch wenn sie bereits 1922 durch Flüchtlinge aus Kleinasien aufs griechische Festland gebracht wurde und von alltäglichen Sorgen und Erfahrungen der einfachen Leute handelt, so ist sie doch auch heute noch aktuell, auch unter uns jungen Leuten. Es ist eine Musik, die reist, auch mein Großvater ist einst wie Djam von der Türkei nach Griechenland gereist, da wiederholt sich Geschichte irgendwie. Privat höre ich aber nicht den ‚griechischen Blues‘, sondern eher den amerikanischen John Lee Hooker etwa.

„Djam“ ist eine Geschichte, die vom Exil erzählt, die aktuelle Flüchtlingskrise aber nur am Rand andeutet.

Ja, Tony wollte das nicht ‚pornografisch‘ ausschlachten und zeigt deshalb nur die Spuren, die die Flüchtlinge hinterlassen haben, etwa die fast schon dokumentarisch wirkenden arabischen Inschriften im Steinpflaster eines Bahnhofs, den Friedhof gestrandeter Flüchtlingsboote oder den Müllberg mit ausgedienten Schwimmwesten. Mir war vorher selbst nicht klar, in welchem Ausmaß, vor allem Lesbos, von der Krise betroffen ist, das hat mich schockiert. Insofern finde ich es gut, dass der Film hier etwas zeigt, um die Leute zu sensibilisieren und dass die vielen Freiweilligen eine tolle Arbeit machen.

Djam soll in Istanbul ein Ersatzteil für das Boot ihres Onkels besorgen. Mich hat gewundert, wie leicht Sie die 15 Kilo schwere Antriebsstange in Ihrem Rucksack immer geschultert haben.

Das ist nur eine Redewendung um zu sagen: ganz schön schwer. Tatsächlich hat das Teil vielleicht drei Kilo gewogen. Manchmal befand sich tatsächlich aber nur eine Attrappe im Rucksack.

2016 sind Sie in Berlin als „European Shooting Star“ gewählt worden. Was hat sich seitdem getan?

Es haben sich seitdem natürlich viele Türen für mich geöffnet. Demnächst werde ich nun in der dritten Staffel der Fernsehserie ‚Versailles‘ vor der Kamera stehen, die zur Zeit von Louis XIV. spielt. Als österreichische Prinzessin Eleonore muss ich dort ein enges Korsett tragen.

Sie sind Griechin, in Belgien geboren und leben in Paris. Wo ist für Sie Heimat? Und wie stehen Sie zur Griechenlandkrise?

Ich fühle mich vor allem als Europäerin. Die Krise ist natürlich ein komplexes und schwieriges Thema, die Veränderungen sind auch auf Syros, der Hauptinsel der Kykladen zu spüren, von wo meine Eltern stammen und wo ich einmal im Jahr Urlaub mache. Meiner Meinung nach bräuchte es mehr Unterstützung darin, die Produktion in Griechenland wieder in Schwung zu bringen. Bis sich das Land erholt, das wird sicher noch lange dauern.

„Djam“ ist am Mittwoch im Arsenal zu sehen (20:15 Uhr).

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Erstellt:
06.11.2017, 18:05 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 06.11.2017, 18:05 Uhr

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