Tennis

„Seine Zeit wird kommen“

Boris Becker, der erfolgreichste deutsche Spieler aller Zeiten, sieht die Konkurrenz der Herren hierzulande im Aufwind. Viel trägt Alexander Zverev dazu bei.

04.09.2017

Von JÖRG ALLMEROTH

Frohgelaunt auf der Tribüne des New Yorker Arthur-Ashe-Stadions: Boris Becker. Foto: dpa

Frohgelaunt auf der Tribüne des New Yorker Arthur-Ashe-Stadions: Boris Becker. Foto: dpa

Boris Becker (49) ist der erfolgreichste deutsche Tennisspieler aller Zeiten. Der 49-jährige gewann in seiner Karriere sechs Grand-Slam-Titel und rückte in der Weltrangliste bis auf Platz 1 vor. Bei den US Open siegte er 1989 gegen Ivan Lendl. Er war auch zwei Mal Davis Cup-Sieger mit Deutschland, gewann 1992 die olympische Goldmedaille im Doppel mit Michael Stich. In New York arbeitet er gegenwärtig als Experte für Eurosport, ist auch erstmals in seiner neuen Funktion als Head of Mens Tennis für den DTB tätig.

Herr Becker, nach vielen Jahren gab es bei den US Open mal wieder einen deutschen Mitfavoriten. Nun ist Alexander Zverev aber enttäuschter Zweitrunden-Verlierer. Wie bewerten Sie diesen Fehlschlag?

Boris Becker: Es war ja kein Leichtgewicht, gegen das Sascha verloren hat. Borna Coric kommt aus der gleichen Generation, er ist ebenfalls ein großes Talent. Und er hatte den besseren Tag, er war in Topform. Auf dem Papier der Favorit zu sein, ist schön. Aber es gilt nur die Leistung auf dem Platz, da wird abgerechnet. Ich hätte Sascha auch gerne am Ende des Turniers gesehen, aber es sollte nicht sein. Seine Zeit wird noch kommen.

Zverev selbst sagt, er habe das Lernen allmählich satt.

Becker: Aber genau das sind diese Spiele, in denen man sich weiterentwickelt: Man lernt dazu, man macht neue Erfahrungen. Eben auch die, dass es noch andere in dieser Generation gibt, die dringend nach oben wollen. Aber mit 20 steht er ja nicht am Ende seiner Karriere, sondern am Anfang. Und er hat schon sagenhaft viel erreicht in diesem Jahr, das wollen wir alle mal nicht vergessen.

New York, die schrillen, oft chaotischen US Open, sind gerade für jüngere Spieler eine zusätzliche Herausforderung.

Ich weiß es aus eigener Erfahrung, wie schwer das in den ersten Profijahren ist. Es ist eine ganz andere Welt als bei anderen Turnieren, aber es gilt: Dieses Turnier kannst du nur gewinnen, wenn du es akzeptierst und so nimmst, wie es ist.

Sie haben die Zverev-Brüder gerade als Vorbild für deutsche Jugendspieler bezeichnet. Was schätzen Sie an der Hamburger Tennisfamilie?

Natürlich sind sie vorbildhaft. Ein Modell für andere in diesem Geschäft. Mir imponiert, wie sehr sie sich dem Tennis verschrieben haben. Sie leben und lieben diesen Sport. Auch andere deutsche Spieler haben sich in den letzten Monaten übrigens wieder nach oben gearbeitet, es steht gar nicht schlecht um das Herrentennis bei uns. Da ist ein ordentliches Fundament vorhanden.

Wen meinen Sie da?

Zum Beispiel Cedrik-Marcel Stebe, der ein bemerkenswertes Comeback nach jahrelangem Verletzungspech hingelegt hat. Auch Florian Mayer, Maximilian Marterer und Jan-Lennard Struff. Sie sind jetzt alle nicht regelmäßig in den Schlagzeilen, sind aber auf einem guten Weg. Wir brauchen auch einige Top 50-Spieler in der Rangliste, eine Gruppe guter Leute, die sich gegenseitig antreibt.

Bruder Mischa Zverev und Philipp Kohlschreiber erreichten beide das US Open-Achtelfinale, ein mehr als vorzeigbarer Erfolg für die Abteilung Herren des DTB.

Absolut. Beide beweisen, welches Potenzial sie bei diesen Grand Slam-Turnieren abrufen können. Dort, wo es zählt, wo es gilt in diesem Sport. Sie bringen halt die richtige Einstellung mit. Und sie haben die Qualität, sich nach Rückschlägen immer wieder aufzurappeln, sich nicht unterkriegen zu lassen. Philipp hatte noch vor wenigen Wochen einen schwierigen Moment, als er im Hamburger Halbfinale aufgeben musste. Aber jetzt ist er in brillanter Verfassung, hat das alles couragiert weggesteckt.

Welche Chancen geben Sie Kohlschreiber gegen Federer?

Ich finde es wirklich beeindruckend, wie Philipp dieses Grand Slam-Turnier mit seinen jetzt 33 Jahren spielt. Da ziehe ich echt den Hut. Er spielt einfach tolles Tennis, ist taktisch stark drauf, ist fit und motiviert. Ich traue ihm vieles zu.

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Erstellt:
04.09.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 04.09.2017, 06:00 Uhr

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