Sicherheit
Seehofers Anti-Terror-Rezept
Der neue Bundesinnenminister setzt auf mehr Personal in den Behörden.
Berlin. Horst Seehofer ist zum ersten Mal hier. Vier Wochen nach seiner Ernennung zum Bundesinnenminister besucht er das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern in Berlin. Der CSU-Chef gibt sich Mühe, bei seinem Antrittsbesuch alle Fettnäpfchen zu umschiffen. Den anwesenden Chefs der diversen Geheimdienste und anderer Sicherheitsbehörden spricht Seehofer wiederholt sein Vertrauen aus. Das Terrorabwehrzentrum habe in den 14 Jahren seines Bestehens „eine sehr gute, segensreiche Arbeit geleistet“, sagt er. Einige konkrete Anschläge seien dadurch verhindert worden.
Was er nicht sagt: Genau hier, zehn Meter den Gang hinunter im Lagezentrum, haben die deutschen Sicherheitsbehörden vor zwei Jahren einen ihrer schwersten Fehler begangen: den späteren IS-Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz trotz eindringlicher Warnungen als wenig relevant einzustufen. In Berlin wurde Anis Amri kaum noch überwacht. Am 19. Dezember 2016 lenkte er seinen Laster in den Weihnachtsmarkt und tötete zwölf Menschen.
Für die Arbeit des GTAZ, wie das informell tagende Gremium aus 40 Sicherheitsbehörden kurz genannt wird, sieht Seehofer gleichwohl keinen Verbesserungsbedarf. „Ich bin dankbar für die Qualität der Arbeit, die hier jeden Tag geleistet wird.“ In der Tat hat sich seit dem Fall Anis Amri hier einiges getan; es gibt zum Beispiel neue Analysewerkzeuge, um Gefährder – von ihnen gibt es gegenwärtig 761 – besser zu erkennen.
Seehofer sieht daher keinerlei Bedarf für eine Änderung der Arbeitsweise. Für ihn heißt Unterstützung, „dass wir die Sicherheitsbehörden so ausstatten müssen, dass sie ihre Arbeit auch wirklich mit bester Qualität erbringen können“. Dies funktioniere am besten durch mehr Personal. Dafür werde er sich in den anstehenden Haushaltsverhandlungen einsetzen.
So viel Zufriedenheit lässt die Opposition erwartbar nicht kalt. Seehofer habe offenbar „in den letzten Jahren und vor allem während des Anschlags auf dem Breitscheidplatz in einem anderen Land gelebt“, schimpft Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen. Amri sei ein Jahr lang Thema im GTAZ gewesen, „und trotzdem kamen entscheidende Informationen nicht dort an, wo sie gebraucht wurden“, sagte sie der SÜDWEST PRESSE. Auch aus der FDP kam Kritik. Beim Umbau der Sicherheitsarchitektur gebe es vor allem bei der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern großen Nachholbedarf, sagte der Vizefraktionschef der FDP im Bundestag, Stephan Thomae, unserer Zeitung. „Das GTAZ bedarf dringend einer eigenen gesetzlichen Grundlage.“
Stefan Kegel