Kino

Schwarz, Rot, Golden Globe

Hollywoods Auslandspresse verleiht ihre Preise in einer besonders symbolträchtigen Gala. Auch an den deutschen Film „Aus dem Nichts“.

09.01.2018

Von MAGDI ABOUL-KHEIR

Los Angeles. Das kleine Schwarze als großer Protest auf dem roten Teppich. Natürlich ging es um Film bei der Golden-Globe-Gala am Sonntagabend, aber zumindest ebenso um das Film-Geschäft und Gesellschaftspolitik. In Folge der #MeToo- und der #TimesUp-Kampagnen trugen die meisten Frauen bei der Preisverleihung der Hollywood-Auslandspresse – als Symbol gegen Sexismus, Missbrauch und Benachteiligung – nicht Farben und Glitter, sondern Schwarz. Was nicht heißt, dass Emma Watson, Natalie Portman, Meryl Streep und Heidi Klum und all die anderen Stars in Sack und Asche gekommen wären – im Gegenteil.

„Ich möchte, dass heute alle Mädchen wissen, dass ein neues Zeitalter am Horizont anbricht“, sagte Entertainerin Oprah Winfrey, die den Ehrenpreis erhielt – ihre emotionale Rede rührte viele im Beverly Hilton zu Tränen. Nicole Kidman euphorisierte die Zuhörer: „Ich hoffe, wir schaffen einen Wandel durch die Geschichten, die wir erzählen, und die Art, wie wir sie erzählen.“

„Es gibt keinen Weg zurück. Nein, wir gehen nur nach vorne!“, rief Frances McDormand. Sie wurde für die Hauptrolle in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ausgezeichnet. Die Geschichte einer kämpferischen Mutter, die endlich den Mord an ihrer Tochter aufgeklärt wissen will und dabei auf Polizeiwillkür und Rassismus stößt, war mit vier Globes (Bestes Drama, Hauptdarstellerin McDormand, Nebendarsteller Sam Rockwell, Drehbuch) der Abräumer.

Eine wehrhafte Frauenfigur steht auch im Mittelpunkt von Fatih Akins „Aus dem Nichts“, der den Globe als bester nicht-englischsprachiger Film gewann: Diane Kruger spielt eine Frau, die Vergeltung will, weil ihr kurdischstämmiger Mann und Sohn von Neonazis ermordet wurden. Der Hamburger Akin dankte Kruger mit dem Globe in der Hand: „Das ist deiner, das ist unserer!“ Klar: Dass die glamouröse Kruger sonst in Hollywood dreht, dürfte seine Chancen auf den Preis nicht eben verringert haben.

Was hat das nun für die Oscars zu bedeuten? Was die 90 partyliebenden ausländischen Journalisten bei den Globes favorisieren, ist nicht unbedingt ein Gradmesser für die Entscheidungen der Oscar-Academy mit ihren mehr als 8000 stimmberechtigten Mitgliedern aus allen Sparten der Filmbranche und all ihren Empfindlichkeiten.

Dennoch: Martin McDonaghs „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ muss man auf der Rechnung haben. Ebenso Greta Gerwigs Adoleszenz-Story „Lady Bird“: Sie holte Globes als beste Komödie und für die Hauptdarstellerin Saoirse Ronan. Etliche Oscar-Nominierungen dürften auch der fantastischen Liebesgeschichte „The Shape of Water“ sicher sein. Globes gab es für Regisseur Guillermo del Toro und Komponist Alexandre Desplat.

Kurs Richtung Oscars

Als Oscar-Favorit gilt nun auch Gary Oldman, er ist ohnehin mal an der Reihe. Er gewann den Globe als bester Dramen-Schauspieler für seine Verkörperung von Winston Churchill in „Darkest Hour“. Bei den Schauspielerinnen liegen Frances McDormand und Saoirse Ronan wohl gleichauf. Großartig sind beide.

Etwas schlauer wird man am 23. Januar sein. Dann werden die Oscar-Nominierungen bekanntgegeben. Und dann weiß auch Fatih Akin, ob er sich mit „Aus dem Nichts“ berechtigte Hoffnungen machen kann.

Was bereits jetzt feststeht: Auch die Oscars werden von #MeToo, #TimesUp und vielen flammenden Reden geprägt werden – egal, ob alle in Schwarz kommen oder nicht.