USA

Schuldenberg wächst rasant

Die Konjunkturhilfen von US-Präsident Biden und seines Vorgängers Trump kosten Billionen. Ökonomen warnen?vor einer steigenden Inflation und einer neuen Finanzkrise.

13.04.2021

Von PETER DETHIER

Die Flagge der Vereinigten Staaten weht vor dem US-Kapitol in Washington. Übernehmen sich die USA mit den Hilfspaketen?

Die Flagge der Vereinigten Staaten weht vor dem US-Kapitol in Washington. Übernehmen sich die USA mit den Hilfspaketen?

Die US-Wirtschaft ist momentan in einer blendenden Verfassung. Die Impfungen gegen das Coronavirus schreiten mit hohem Tempo voran, Verbraucher strotzen vor Optimismus und die Unternehmen investieren wieder kräftig. Folglich rechnen der Internationale Währungsfonds (IWF) und die US-Notenbank für dieses Jahr beide mit einer Wachstumsrate von mehr als 6 Prozent.

Das robuste Wachstum ist allerdings auch ein Ergebnis der massiven Konjunkturpakete, die seit März 2020 verabschiedet wurden, und diese haben einen hohen Preis. Viele Ökonomen warnen, dass die Staatsschulden aus dem Ruder laufen und bald ökonomisch nicht mehr tragfähig sein werden.

Rund 2,1 Billionen Dollar kostete das erste Konjunkturgesetz, das der Kongress im vergangenen März unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump eintütete. Als ein zweiter Wirtschaftseinbruch drohte, legten im Dezember der Senat und das Repräsentantenhaus nach. Sie verabschiedeten ein weiteres, 900 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket.

Dank der Kräfteverschiebung zugunsten der Demokraten im Kongress wurden dann vor wenigen Wochen weitere 1,9 Billionen Dollar an Hilfsmaßnahmen in Gesetzesform gegossen. Private Haushalte werden mit Direktzahlungen unterstützt, die Arbeitslosenversicherung erweitert und einzelnen Staaten wird geholfen, die Löcher in ihren Haushalten zu stopfen.

Die Schattenseite der Konjunkturhilfen: Alle drei Gesetze zusammen kosten knapp 5 Billionen Dollar, welches einem Viertel der gesamten US-Wirtschaftsleistung im abgelaufenen Jahr entspricht. Nun hofft Biden, weitere 3 Billionen in die Infrastruktur zu investieren, womit die Gegenfinanzierung sämtlicher Konjunkturhilfen unterm Strich mehr als ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts auffressen würde. Nicht einmal berücksichtigt ist darin Bidens grober, erster Haushaltsentwurf vom vergangenen Freitag, der 1,5 Billionen Dollar für das Gesundheitssystem, den Kampf gegen den Klimawandel, Armutsbekämpfung und sozialen Wohnungsbau vorsieht.

Die immensen Staatshilfen gehen selbst dem Nationalökonomen und prominenten Demokraten Lawrence Summers zu weit. Summers, der Finanzminister unter dem früheren Präsidenten Bill Clinton und später Chefvolkswirt unter Präsident Barack Obama war, spricht von der „unverantwortlichsten Wirtschaftspolitik seit 40 Jahren“. Demokraten wirft er vor, mit ihren teuren Sozialprogrammen den Bogen zu überspannen, während Republikaner allein aus politischem Kalkül heraus versuchen würden, jeden Vorstoß Bidens zu blockieren.

Andere Experten schätzen die Lage ähnlich ein. Die unabhängige Haushaltsbehörde Congressional Budget Office (CBO) warnt, die aus dem Ruder laufenden Schulden würden „die Finanzierungskosten erhöhen und das Wirtschaftswachstum drücken“. Zudem erhöhten sie die Gefahr einer steigenden Inflation und einer Finanzkrise.

Nach Ansicht von Brian Riedl, Ökonom beim Manhattan Institute, sind die meisten Prognosen noch zu optimistisch. Tatsache sei nämlich, dass im Jahr 2050 die Hälfte aller Steuereinnahmen des US-Fiskus allein in den Schuldendienst fließen würden.

Andere halten die Risiken steigender Staatsschulden für übertrieben und weisen darauf hin, dass Länder, die ihre eigenen Währungen kontrollieren, typischerweise mehr fiskalpolitischen Spielraum haben und sich weniger Sorgen um die wirtschaftlichen Folgen machen müssen. Nicht zuletzt deswegen, weil Notenbanken in zunehmendem Maße eingebunden werden, um Konjunkturprogramme zu finanzieren.

„Die hohe Verschuldung sollte niemanden beunruhigen“ glaubt Olivier Blanchard, ehemaliger Chefökonom beim Internationalen Währungsfonds (IWF). Selbst wenn in den USA die Schuldenquote 100 Prozent deutlich übersteigt, könne die weltgrößte Volkswirtschaft dies verkraften.

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Erstellt:
13.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 13.04.2021, 06:00 Uhr

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