Berufliche Schulen

Schließung von Klassen verhindern

Einige Ausbildungsgänge sind bedroht. Das Regierungspräsidium Tübingen will mit einer regionalen Schulentwicklung retten, was zu retten ist.

15.02.2018

Von Lorenzo Zimmer

Schon zum dritten Mal erhielt das Landratsamt als Schulträger der Beruflichen Schulen im Landkreis einen Brief von seiner übergeordneten Behörde, dem Regierungspräsidium (RP). Der Betreff: die Floristen-Klasse der Beruflichen Mathilde-Weber-Schule (MWS). Der Anlass: Zum dritten Mal in Folge erreichte die Klasse zu Schuljahresbeginn nicht die geforderte Untergrenze von 16 Schülern.

„Das ist eine Bezirksklasse mit einem Einzugsgebiet, das sich über mehrere Kreise erstreckt. Bis Sigmaringen, Balingen, Reutlingen, Calw“, sagt Werner Walz, Leiter des Geschäftsbereichs Zentrale Verwaltung, Finanzen und Betriebe im Landratsamt. Dies habe man vereinbart, weil es für den Beruf der Floristen schon immer wenig Azubis gab: „Deswegen wurden die Klassen konzentriert.“

Eigentlich hätte das dritte Schreiben das Aus der Floristenklasse bedeutet. Doch vorerst setzt sie nur für ein Jahr aus – zum kommenden Schuljahr soll es, so Walz, „nochmal einen Versuch geben, 16 Schüler zusammenzubekommen.“ Die Industrie- und Handelskammer will dafür nochmal die Werbetrommel rühren: „Sonst müssen wir die Floristen-Azubis künftig nach Stuttgart oder Göppingen schicken“, warnt Walz. „Das Regierungspräsidium hat diesem Versuch zugestimmt, darüber sind wir froh.“

Es gibt noch weitere Klassen im Kreis Tübingen, die in ihrer Existenz bedroht sind. Neben der hauswirtschaftlich ausgerichteten MWS gibt es im Kreis die Berufliche Schule in Rottenburg, die Gewerbliche Schule Tübingen und die kaufmännische Wilhelm-Schickard-Schule. Das Statistische Landesamt sagt voraus, dass die Zahlen aller Beruflichen Schulen weiter sinken werden. „Gründe dafür liegen sicherlich im Rückgang der Zahl der Jugendlichen insgesamt und im größer werdenden Drang auf eine akademische Ausbildung“, so die Pressestelle des Regierungspräsidiums dazu auf Nachfrage des TAGBLATTS.

Im Kreis noch stabil aufgestellt

Das spüren die Schulen im Kreis bereits jetzt: „Zum ersten Mal wurde die Klasse der Konstruktionsmechaniker angemahnt“, sagt Walz. Ebenso wie die der physikalisch-technischen Assistenten und die einiger Zusatzqualifikationen, die die Berufsfachschule anbietet: „Unter dem Strich müssen wir dennoch feststellen, dass wir hier im Landkreis noch sehr stabil aufgestellt sind“, so Walz weiter.

Trotzdem soll jetzt auf die Entwicklungen reagiert werden. Das Regierungspräsidium will dafür eine regionale Schulentwicklung anstoßen, wie sie in anderen Landkreisen – etwa in Ravensburg – schon umgesetzt wird. „Es werden affine Schularten gebündelt und Schülerzahlen erreicht, die auf Jahre hin den Bestand der Bildungsgänge an den verschiedenen Orten sichern werden“, blickt das RP in einer Pressemitteilung in die Nachbar-Landkreise der Region. Im Kreis Tübingen will das RP „die kontinuierliche und gute Zusammenarbeit mit den Schulträgern“ nutzen, um Kleinklassen, die im Landkreis zweimal vorkommen, zusammenzulegen und so Bildungsgänge vor dem Aussterben zu retten.