Tübingen
Schlicht unanständig
Die CDU-Kreisverbände Tübingen und Zollernalb kritisieren die Wahlrechtsreform der Ampelregierung, die dazu führen soll, dass es künftig weniger Abgeordnete im Deutschen Bundestag gibt (12. August, „CDU-Verbände weiter für Direktmandate“).
Da es die Tübinger CDU in ihrer Kritik an der Wahlrechtsreform lieber mit Parolen als mit Fakten hält, hier Einordnung: Karlsruhe hat den Kern der Reform für verfassungsmäßig erklärt, es gab keine „Klatsche“.
Natürlich gibt es, anders als Frau Widmann-Mauz behauptet, Wahlsysteme, in denen ein Sieg im Wahlkreis nicht immer in einem Mandat mündet: So entfallen im schwarz regierten Bayern Direktmandate von Parteien, die unter 5 Prozent der Stimmen holen. Man muss also davon ausgehen, dass für Frau Widmann-Mauz Bayern keine „westliche Demokratie“ und für Frau Hoffmeister-Kraut das dortige Wahlrecht nicht mit „ethischen Grundsätzen“ vereinbar ist.
Und anders als Christoph Naser vorbringt, hat die Ampel natürlich zwei Jahre Gespräche mit der demokratischen Opposition geführt. Aber CDU/CSU wollen kein Wahlrecht, das den Bundestag verkleinert, ohne eine Partei zu benachteiligen. Seit Jahrzehnten profitieren CDU/CSU von Überhangmandaten und blähen den Bundestag auf. Sie wollen weiter ein Wahlrecht, das ihre Parteien bevorzugt. Und das ist schlicht unanständig.
Man kann gegen die Wahlrechtsreform sein. Zur Wahrheit gehört aber: Eine faire Verkleinerung des Bundestags ist dann unmöglich.