Nicht alle freuen sich so aufs olympische Golf-Comeback wie Martin Kaymer

Schlag ins Wasser

Zum ersten Mal seit 112 Jahren ist Golf wieder olympisch – und hat vielleicht schon verspielt, ehe es für Martin Kaymer und Co. richtig losgeht.

09.08.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Der deutsche Golfstar Martin Kaymer ist begeistert von Rio, „auch wenn in meinem kleinen Zimmer im Athletendorf das Wasser nicht richtig warm wird. Aber das ist gut für den Kreislauf“. Foto: Getty

Der deutsche Golfstar Martin Kaymer ist begeistert von Rio, „auch wenn in meinem kleinen Zimmer im Athletendorf das Wasser nicht richtig warm wird. Aber das ist gut für den Kreislauf“. Foto: Getty

Rio de Janeiro. Wer weiß, wenn noch ein paar Amerikaner abgesagt hätten, vielleicht wäre Tiger Woods, in der Weltrangliste auf Platz 628 abgerutscht, hier doch noch zum Zug gekommen!

Der einstige Super-Superstar der Golfwelt hatte sich so sehr nach Rio gesehnt. Von ihm stammt auch der werbewirksame Satz: „Ich kann mir keinen besseren Sport bei den Olympischen Spielen vorstellen als Golf.“

Es waren sein Ruhm und seine Popularität, die die große Idee noch schneller haben reifen lassen: Golfsport muss wieder ins olympische Programm. In Kopenhagen 2009 gab das IOC grünes Licht, sieben Jahre später ist es nun so weit. Erstmals nach einer Pause von 112 Jahren wird wieder ein Wettbewerb ausgetragen. Nur 1900 und 1904 gab es bisher olympische Medaillen.

Doch gerade hier in Rio wirkt das gesamte Unternehmen, von dem sich auch die einschlägigen Sponsoren so viel versprechen, irgendwie total deplatziert. Sollte Deutschlands Top-Golfer Martin Kaymer am Sonntag eine Medaille holen, wird das daheim vielleicht kein großes Thema mehr sein. Noch allerdings ist das Unverständnis über die zahlreichen Absagen prominenter Profis, mehrfach begründet mit der Angst vor dem Zika-Virus, groß.

Weil neben einigen extrem starken Amerikanern wie US-Open-Sieger Dustin Johnson oder Jordan Spieth auch Spitzenspieler wie der Nordire Rory McIlroy oder der Weltranglistenerste Jason Day aus Australien nicht antreten, verlor der Wettbewerb rapide an Klasse. Die Großen der Szene haben andere, mit gewaltigen Summen dotierte Turniere auf ihrer internationalen Agenda.

In Rio musste am Rande des Olympiaparks im Stadtteil Barra extra ein brandneuer Platz gebaut werden. Umgerechnet rund 20 Millionen Euro betrug das Budget, das dem US-Archtekten Gil Hanse auf dem Areal nahe dem Atlantik zur Verfügung stand. Bei allem Aufwand: Es ist schon jetzt ein Schlag ins Wasser. Golf ist gerade in Rio bisher eine extrem elitäre Freizeitbeschäftigung, während man in Europa, Nordamerika und Asien quasi schon Volkssport-Charakter attestieren kann. In Rio gibt es dagegen bisher nur zwei exklusive Klubs, die allein dem Geldadel vorbehalten sind.

Was das olympische Turnier angeht, hat IOC-Präsident Thomas Bach für seine Verhältnisse sehr deutlich darauf hingewiesen, dass die Absage von mehr als 20 prominenten Spielern in die Bewertung der Sportart nach den Spielen einfließen wird: „Eine der Hauptkategorien ist natürlich die Frage, ob die besten Spieler dabei sind.“ Ganz so schnell wird man Golf allerdings auch nicht wieder loswerden. 2009 wurde es nämlich nicht nur für 2016 ins Programm aufgenommen, sondern auch für 2020 in Tokio. „Die Absagen sind für unsere Sportart extrem bitter. Vor allem für die Leute, die so hart dafür gearbeitet haben, dass Golf wieder olympisch wird“, bedauert Martin Kaymer und nennt Zika „eine angenehme Ausrede“. Für den Deutschen war immer klar, dass er in Rio starten würde. Der 31-Jährige Düsseldorfer, der in seiner Karriere zwei Major-Turniere gewonnen hat, hat klar Prioritäten: „Für mich geht nichts über eine olympische Medaille.“

Es hat gedauert, bis Tennisprofis oder auch die Giganten des US-Basketballs so richtig auf den Geschmack gekommen sind. Dieser Spätzünder-Effekt wird jetzt gerne auch für den Golfsport prognostiziert. Doch er sollte schnell einsetzen, sonst wird es bald zu spät sein.