Ausstellung

Schätze der Weltkulturen

Von Buddhas, Booten, Federmänteln und Känguruzahnketten: Das Humboldt Forum im Berliner Stadtschloss zeigt Exponate aus Afrika, Asien, Amerika und Ozeanien und erzählt ihre Geschichte.

21.09.2021

Von KNA

Auf mehr als 8500 Quadratmetern Ausstellungsfläche werde 10?000 Objekte gezeigt. Foto: Rolf Zoellner

Auf mehr als 8500 Quadratmetern Ausstellungsfläche werde 10?000 Objekte gezeigt. Foto: Rolf Zoellner

Berlin. Aus Kokosfasern, Holz, Rotang, Kitt, Federn, Stoff und Palmblatt ist das Boot gemacht. Es stammt von der pazifischen Insel Luf, die zwischen 1884 und 1914 vom Deutschen Reich in Besitz genommen wurde. Die Bewohner wehrten sich dagegen: ein Strafkommando der kaiserlichen Marine zerstörte daraufhin ihre Häuser, plünderte Dörfer und tötete deren Bewohner. Heute gehört die Insel Luf zum Staat Papua-Neuguinea.

Von diesem Donnerstag an kann das Boot im Humboldt Forum im Berliner Stadtschloss besichtigt werden – als Teil der neuen Ausstellung des Ethnologischen Museums und des Museums für asiatische Kunst, deren Sammlungen bis vor vier Jahren in Dahlem untergebracht waren. Gezeigt werden Schätze der Weltkulturen aus Afrika, Asien, Amerika und Ozeanien.

Das Boot der Insel Luf, das Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, steht beispielhaft für Kulturobjekte aus der ganzen Welt, die im Zuge der Kolonisierung ihren Weg nach Deutschland fanden – und deren Erwerb bis heute nicht vollständig geklärt ist. 1904 wurde das Boot an das Berliner Museum für Völkerkunde verkauft. Wie die Firma Hernsheim, die eine Handelsstation auf der Insel Luf errichtet hatte, das Boot erwarb, ist aber bis heute nicht sicher nachvollziehbar.

Wege offenlegen

Genau darum soll es gehen bei der neuen Präsentation der Sammlungen im Humboldt Forum: Man will sich der „eigenen Sammlungsgeschichte und aktuellen postkolonialen Fragen stellen“ und die Wege der Objekte offenlegen, erklärte der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, bei der ersten Präsentation der Ausstellung am Montag. Entsprechend sei auch die Zusammenarbeit mit Mitgliedern von Herkunftsgesellschaften „integraler Bestandteil“ des Ausstellungskonzepts.

So geschehen auch beim Boot der Insel Luf: Provenienzforschung solle „schnell zu Nachfahren führen, die das Objekt bewerten“, betonte der stellvertretende Direktor des Ethnologischen Museums und des Museums für asiatische Kunst, Alexis von Poser.

Beim Boot der Insel Luf sei jetzt etwa geklärt, dass es in Berlin bleiben dürfe – mit einer Bedingung: Nachfahren der Inselbevölkerung, die lange als ausgestorben galt, wollen nach Berlin kommen, um das Boot genau betrachten zu können. „Wir wollen sehen, wie es gemacht wurde, damit wir es nachbauen können“, sagte ein Nachfahre der ehemaligen Bevölkerung der Insel in einem bei der Vorstellung der Ausstellung eingespielten Videoclip – und grüßte die Deutschen herzlich.

Ein Beispiel dafür, wie man, so Parzinger, „die schwierige Geschichte produktiv nutzen und zu einem neuem Miteinander mit den Herkunftsgesellschaften finden“ könne. Sie dürften nicht nur auf „eine koloniale Opferrolle festgelegt werden“. Er betonte, die Museen seien grundsätzlich zur Restitution bereit. Gleichzeitig sei die Aufarbeitung des Kolonialismus aber nicht nur Aufgabe der Museen, sondern der gesamten Gesellschaft.

Zu den gezeigten Highlights gehört etwa ein 50 Quadratmeter großes chinesisches Bild einer Buddhapredigt aus dem 18. Jahrhundert oder ein Thron aus dem Königreich Bamum (Kamerun). Auch eine Känguruzahnkette, die indigene Australier Ende des 19. Jahrhunderts trugen, ist darunter. Überdies ein Federmantel aus Hawaii, der im 19. Jahrhundert ein wichtiger Tauschgegenstand war. Die Hauptstadt Honolulu war ein Zentrum deutschen Handels, das die preußischen Seehandelsschiffe als Zwischenstation auf dem Weg nach Ostasien ansteuerten. König Kamehameha III. von Hawaii (reg. 1824-1854) schenkte 1828 König Friedrich Wilhelm III. von Preußen diesen Mantel, der aus tausenden von roten und gelben Federn besteht. Im Gegenzug erhielt er unter anderem eine Gardeuniform, verschiedene Gemälde, Schwerter und Pistolen.

„Sie sehen hier nichts Fertiges, keine Objekte mit reingewaschener Provenienz“, sagte die Provenienzforscherin und Vize-Direktorin des Zentralarchivs, Christine Howald. „Museumssammlungen sind das Ergebnis von Machtbeziehungen.“ dpa

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Erstellt:
21.09.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 48sec
zuletzt aktualisiert: 21.09.2021, 06:00 Uhr

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