Unterricht
SPD und FDP werfen Grün-Schwarz Untätigkeit vor
Die Zahl der Schulen, an denen Russisch gelernt werden kann, ist im Südwesten rückläufig.
„Russisch“ bedeutet das Wort: An nur wenigen Schulen im Land wird die Sprache gelehrt. Foto: ©Juan Ci/Shutterstock.com
Stuttgart. Die Landtagsfraktionen von SPD und FDP werfen der grün-schwarzen Regierung Verantwortungslosigkeit beim Russisch-Unterricht vor. Antworten auf eine gemeinsame Anfrage der beiden Parteien seien verdächtig ausweichend, rügte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Timm Kern, gegenüber unserer Zeitung. SPD-Kollege Wolfgang Drexler konstatiert Untätigkeit und Desinteresse.
Die Zahl der Russisch-Schüler in Baden-Württemberg ist konstant: 2017 hatten nach Auskunft des Kultusministeriums rund 1500 junge Menschen die Sprache an allgemein bildenden Gymnasien belegt, rund 6200 an Freien Waldorfschulen. Die Werte haben sich seit 2012 kaum geändert. Berufliche Gymnasien kommen erneut auf etwa 300 Russisch-Schüler.
Die Zahl der Schulen, an denen die Sprache gelernt werden kann, ist dagegen rückläufig: Mit 20 allgemeinbildenden Gymnasien bieten so wenige wie noch nie seit 2001 Russisch als zweite oder dritte Fremdsprache an. Die Zahl der entsprechenden beruflichen Schulen ist mit zehn auf dem niedrigsten Stand seit 2010/2011. Lediglich die Zahl der Waldorfschulen ist mit 19 seit Jahren konstant.
„50 Prozent der Fachberaterstellen für Russisch fallen weg oder sind nicht besetzt“, rügt der SPD-Abgeordnete Drexler außerdem: Die Jobs sind bei den vier Regierungspräsidien angesiedelt. In der Anfrage wird beklagt, statt früher sechs Beratern gebe es seit dem Sommer nur noch drei; das Ministerium stellt in seiner Antwort keine Verbesserungen in Aussicht.
„Diese Untätigkeit und dieses Desinteresse“ seien angesichts der politischen Entwicklungen in Russland, aber auch vor dem Hintergrund einer Polarisierung in Deutschland „verantwortungslos“, findet Drexler.
Zumal das Ministerium die Frage offen ließ, ob womöglich ein weiterer Abbau geplant sei: Die zukünftigen Verfahren würden geprüft, schreibt Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) lediglich.
„Verdächtig ausweichend“ findet das FDP-Mann Kern. „Dabei bedarf es keiner Prüfung, dass ein Fachberater pro Regierungsbezirk die absolute Mindestausstattung bildet, wenn die fachliche Betreuung des Russisch-Unterrichts sichergestellt werden soll.“
Auf Anfrage dieser Zeitung stellte das Ministerium gestern klar: Es gebe derzeit vier, nicht drei Beraterstellen, von denen zwei aus Altersgründen vakant seien – sie sollen nachbesetzt werden. Aus der Antwort des Ministeriums an den Landtag ist das nicht ersichtlich
Die Oppositionspolitiker sind auch von anderen Auskünften enttäuscht: Die Einschätzung der Integrationsleistung von Sprachunterricht sei phrasenhaft und oberflächlich; zum Anteil der Muttersprachler unter den Russisch-Schülern gibt es laut Ministerium keine Daten.
„Die Förderung des Russisch-Unterrichts liegt im ureigenen Interesse unseres Landes“, sagt Kern. „Leider wird aus der Antwort der Landesregierung deutlich, dass der Russisch-Unterricht bei Grün-Schwarz keinen hohen Stellenwert genießt.
Jens Schmitz