Winterspiele

Russen reden sich Olympia schön

Nie sei man erfolgreicher gewesen als in Südkorea, so der Tenor in der Hauptstadt Moskau. Das Staatsdoping von Sotschi 2014 ist begraben und vergessen.

27.02.2018

Von STEFAN SCHOLL

Bleibender Eindruck? Ein russischer Anhänger im südkoreanischen Eis-Stadion von Gangneung blickt nachdenklich. Von unsauberen Athleten der Doping-Skandal-Spiele von 2014 will mittlerweile keiner mehr etwas hören. Foto: dpa/Matt Slocum

Bleibender Eindruck? Ein russischer Anhänger im südkoreanischen Eis-Stadion von Gangneung blickt nachdenklich. Von unsauberen Athleten der Doping-Skandal-Spiele von 2014 will mittlerweile keiner mehr etwas hören. Foto: dpa/Matt Slocum

Moskau. Medien und Offizielle in Moskau reden die eher miserablen Ergebnisse der russischen Athleten bei den Spielen in Südkorea schön. Und sie lassen durchblicken, dass für Russland das Thema Staatsdoping begraben und vergessen ist.

Hinterher meldete sich auch Wladimir Putin: Er gratulierte dem Trainer der russischen Eishockeynationalmannschaft Oleg Snarok unmittelbar nach dem Zittersieg im olympischen Finale per Telefon: „Das war sehr angenehm“, freute sich Snarok: „Wir dienen Russland.“

Ende gut, alles gut. Oder? Die russische Öffentlichkeit feiert nicht nur die Eishockeyspieler und ihre Goldmedaillen, sonder das gesamte Olympiateam von Pyeongchang. „Dieses Gold bedeutet, dass wir die Olympischen Spiele gewonnen haben“, verkündet Jelena Wjalbe, die Präsidentin des russischen Skilanglaufverbandes. „Das erfolgreichste Olympia in der Geschichte Russlands“, titelt die Fachzeitschrift Sowetski Sport. Sie rechnet vor, wenn man alle Medaillen für die Hockeymannschaft zum Einzelgold der Eiskunstläuferin Alina Sagitowaja addiere, komme man auf 26 mal Gold, russischer Rekord. Jedenfalls hätten diese Medaillen nationale Begeisterung hervorgerufen, freut sich Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Empfang bei Putin

Morgen will Präsident Putin alle Athleten des russischen Olympiateams im Kreml empfangen. Allerdings wird der Staatschef fast nur zweiten oder dritten Siegern gratulieren können. Mit zwei Gold-, sechs Silber- und neun Bronzemedaillen belegte man Platz 13, das schlechteste Ergebnis in der Geschichte des russischen Wintersports. Zwar verweisen die Medien seit Wochen darauf, viele russische Favoriten seien durch Sperren verhindert gewesen. Wirklich hätten die Eisschnellläufer Denis Juskow und Pawel Kulischnikow über die Strecken bis 1500 Meter Siegchancen gehabt.

Aber die meist?n anderen Medaillenanwärter glänzten diesen Winter wenig. Etwa der sechsfache Shorttrack-Olympiasieger Viktor Ahn, der diese Saison nur einen zweiten EM-Platz vorzuweisen hat. Oder der vorjährige Tour-de-Ski-Gesamtsieger Sergei Ustjugow, der im Langlauf-Weltcup Platz 9 belegt, ebenso Biathlon-Staffelweltmeister Anton Tschipulin, diese Saison noch ohne Weltcup-Sieg. „Hätten sie alle teilgenommen, wären vier bis fünf Goldmedaillen dazugekommen, maximal“, schätzt Samwel Awakjan, Chefredakteur der Portals sport24.ru, gegenüber unserer Zeitung. „Minimal gar keine.“ Er bewertet das russische Abschneiden insgesamt positiv, vor allem wegen der überraschend starken Leistungen der junge Skilangläufer. „Aber hätten wir im Eishockey nicht in letzter Minute dieses Wundertor geschossen, die Bilanz sähe trauriger aus.“

Statistisch stürzte das russische Team gegenüber den Doping-Spielen von Sotschi tief. Dort hatte es mit 13 Goldmedaillen – zwei davon sind inzwischen aberkannt worden – den ?rsten Platz im Medaillenspiegel gewonnen. Es folgten der McLaren-Bericht und extrem peinliche Beweise zu durch russische Mediziner und Beamte in Sotschi vertauschten Dopingproben. Vor Pyeongchang disqualifizierte das IOC das Olympische Komitee Russlands, am Ende durften nur des Dopings absolut unverdächtige russische Athleten unter olympischer Flagge starten.

Empörung bei den Russen

Die Russen empörten sich nicht ohne Grund über die Intransparenz einiger IOC-Beschlüsse, aber schon damals vermuteten Insider, das IOC und der Kreml hätten hinter den Kulissen einen Kompromiss ausgehandelt. Und jetzt gilt es in Moskau als beschlossene Sache, dass das IOC heute oder morgen seinen Bann gegen das russische Olympische Komitee Russlands aufhebt - wenn keine Dopingfälle mehr auffliegen.

Vorher waren in Südkorea wieder zwei gedopte russische Athleten ertappt worden, Sportler und Offizielle gaben sich wie üblich völlig unschuldig. Im Fall des Curlers Alexander Kruschelnicki wollen sogar die Kriminalisten des Russischen Ermittlungskomitee's die Fahndung nach dem unbekannten Bösewicht aufnehmen, der Kruschelnizkis Drinks mit Meldonium gepunscht haben soll.

Russlands Sportfunktionäre erklären die Staatsdopingaffäre bereits für begraben und vergessen. „Wir fangen mit reinem Tisch an“, erklärte das russische IOC-Mitglied Schamil Tarpischew einem Reporter der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. „Aber wenn das Olympische Komitee Russlands wieder zugelassen ist, dann muss man sich an die Regeln halten und keine Dummheiten machen.“