Iran

Rückkehr der Hardliner

Der erzkonservative Kandidat Ebrahim Raeissi gewinnt die Präsidentschaftswahl. Gespräche zu Atomdeal gehen weiter.

21.06.2021

Von STEFAN KEGEL

Teheran. Mit der Wahl von Ebrahim Raeissi zum neuen Präsidenten des Irans am Wochenende haben sich im Iran die Hardliner durchgesetzt. Der 60-Jährige ist der Kandidat des Obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei; der Reformkurs seines Vorgängers Hassan Ruhani findet ein Ende. Was bedeutet Raeissis Wahl für die Region und die Zukunft des Atomwaffenabkommens, das gerade wieder aufs Gleis gesetzt werden soll?

Der FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai, selbst mit iranischen Wurzeln, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: „Das ist ein trauriger Tag für den Iran.“ Raeissi stehe als Justizchef des Landes für „eklatante Menschenrechtsverletzungen und eine Reihe von Hinrichtungen im Iran“. Die Bevölkerung habe mit ihrer Wahlbeteiligung von 48 Prozent gezeigt, was sie von der Vorauswahl der Kandidaten durch den sogenannten Wächterrat halte: „Viele Iraner haben die Wahl boykottiert und damit ihre Ablehnung des Systems demonstriert.“

Der Wächterrat hatte nur eine Handvoll Kandidaten zur Wahl zugelassen. Es kamen keine Reformer zum Zug, aber auch Konservative wie der ehemalige Präsident Mahmud Ahmadinedschad oder der einstige Atomunterhändler und Parlamentspräsident Ali Laridschani wurden abgelehnt. Beobachter sehen dahinter eine klare Strategie der religiösen Führung des Irans unter Chamenei, die auch in politischen Fragen immer das letzte Wort hat. So wird vermutet, dass der 82-jährige Oberste Führer Raeissi zum Nachfolger aufbauen will.

Land leidet unter Sanktionen

Zudem leidet der Iran massiv unter den internationalen Sanktionen. Diese waren zwar mit dem Atomabkommen von 2015 gelockert worden – im Gegenzug für den Verzicht auf einen Atomwaffenbau. Die USA stiegen jedoch unter US-Präsident Donald Trump drei Jahre später aus und nahmen die Sanktionen wieder auf. Es kam zu Unruhen wegen der Versorgungslage.

Am Sonntag sollten die Verhandlungen über das Atomabkommen in Wien weitergehen, nachdem US-Präsident Joe Biden seine Bereitschaft erklärt hatte, sich wieder an das Abkommen zu halten. Von iranischer Seite sehe sie auch mit Raeissi keine Hindernisse, dass eine Rückkehr demnächst „erst mal in trockenen Tüchern“ sein werde, sagt die Iran-Expertin Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Für die Aufhebung der Sanktionen sei dies wichtig.

Deutschland hatte als Vertragspartner neben Frankreich, Großbritannien, China und Russland am Abkommen festgehalten. Der FDP-Politiker Djir-Sarai sieht diesen Einsatz skeptisch: „Es würde Sinn machen, die Verhandlungen abzubrechen.“ Sie nützten nichts, wenn sie nicht auch das Raketenprogramm des Irans, seine aggressive Politik in der Region und die Lage der Menschenrechte beinhalteten. Stefan Kegel

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Erstellt:
21.06.2021, 06:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 21.06.2021, 06:00 Uhr

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