Das Wetter war gnädig, Fußball machte Konkurrenz

Rottenburger Neckarfest am Wochenende erlitt Besuchereinbußen

Das 41. Rottenburger Neckarfest blieb von Gewitter und Regen weitgehend verschont, nachdem das Brückenfest am Abend zuvor zunächst zum Massenereignis, dann aber förmlich weggeschwemmt worden war. Wolkenbrüche mit Überflutungen überall im Einzugsgebiet des Neckarfests wirkten sich aus: Es kamen weniger Leute als sonst.

26.06.2016

Von Dunja Bernhard und Andreas Straub

Rottenburg. Der katholische Diakon Wolfgang Urban sagte zur Eröffnung des Neckarfests am Samstagmittag, Religion sei der Anfang aller Feste, Feste seien der Anfang aller Kulturen. Zu Festen gehöre Begegnung: „Alles Große geschieht in Begegnungen.“ Der evangelische Pfarrer Huber schloss die Bitte um Gemeinschaft zwischen Menschan aus verschiedenen Stadtteilen, Herkunftsländern, Kulturen und Religionen in das Gebet ein. Oberbürgermeister Stephan Neher bekam nicht mal eine Schürze, als er das Bierfass anschlug. Deshalb vermied er jeden Spritzer, bevor er Freibier ausschenkte.

Mindestens zwei Kandidaten für den freiwerdenden Finanzbürgermeisterposten mischten sich unters Volk und unter die vertretenen Ratsleute: Horst Schuh, der auch als Ortsvorsteher Baisingens zu Rottenburgs großem gesamtstädtischen Fest, das es seit gut 40 Jahren gibt, um kam, und der Mössinger Hendrik Bednarz.

Erster Höhepunkt war das Canadier-Rennen mit Booten der Beruflichen Schule. OB Neher. „Sollten wir dieses Jahr nicht Erster werden, im nächsten Jahr aber schon, wissen wir woran es lag.“ Er meinte das Crew-Mitglied Volker Derbogen, Finanzbürgermeister. Die Stadtspitze gewann nicht, obwohl sie gut startete und an der Wendeboje abkürzte. Vielleicht lag es daran, dass Neher und Baubürgermeister Thomas Weigel viel Spaß daran hatten, die Konkurrenz nass zu spritzen. Mit sechs Bootslängen Vorsprung gewann die Mannschaft vom Technischen Hilfswerk mit den Paddlern Andreas Schöneberger, Peter Storz und Simon Angst. Platz zwei belegte die Wohngruppe Oase vor der Beruflichen Schule.

Ein Zeichen der Integration wollten fünf Flüchtlinge aus Gambia setzen. Im Nepomuk-Haus sorgten sie mit tanzbaren Rhythmen für ausgelassene Stimmung. Initiiert hatte die „recht spontane Aktion“ Elke Seelmann. Sie engagiert sich mit ihrer Familie in der Flüchtlingshilfe.

Abseits der Programmpunkte war es am Samstagnachmittag rund um den Neckar recht beschaulich. Wer Ruhe und Idylle suchte war beim Stand der Jungen Aktiven richtig. An der Bar im neuen Zelt (siehe Artikel auf der übernächsten Seite) boten sie Cocktails an. Auf den Liegestühlen am Flussufer konnten sich Besucher im Urlaub wähnen. In vielen Zelten liefen die Spiele der Fußball-EM auf Bildschirmen. Doch sie fanden kaum Beachtung – außer beim serbischen Verein. Es sei Tradition, große Fußball-Ereignisse am Neckarfeststand zu zeigen, sagte Branislav Vidackovic. „Serben, Kroaten, Moslems, Deutsche gucken zusammen.“ Beim Sieg der Polen gegen die Schweiz brach Jubel aus. „Ihnen fühlen wir uns durch Sprache und Kultur mehr verbunden“, erklärte Vidackovic.

Am Abend war es dort besonders voll, wo Livemusik war. Sei es traditionelle Blasmusik, Erika Piscart mit dem Akkordeon beim deutsch-französischen Partnerschaftsverein oder die Band Upsoulution auf der Showinsel. Oder im Schänzle.

Hungrig nach dem

Fastentag zum Ramadan

Viel Andrang gegen 21.30 Uhr am Stand des türkisch-deutschen Freundschaftsvereins. Es war die Zeit des abendlichen Fastenbrechens im Ramadan. Über dem Holzkohlegrill garten Hackfleischspieße. Die Helfer hatten zu tun. Jeder wollte möglichst schnell etwas zu essen. „Ich habe so einen Hunger“, sagte ein junger Moslem. Publikumsmagnet am Samstag war das Feuerwerk um 22.30 Uhr auf der Kepplerbrücke. Anschließend leerten sich die Plätze und Gassen – mehr als in früheren Neckarfest-Zeiten.

Nur gelegentlich fielen am Samstagabend ein paar Tropfen, doch die störten die Tausende junger Neckarfestbesucher im Schänzle und am Eugen-Bolz-Platz nicht. Dichtes Gedränge und gelöste Stimmung allenthalben. Im Vergleich zu einigen früheren Jahren, als man sich im Schänzle kaum noch bewegen konnte, entzerrte sich die Party angenehm.

Der Verein Moderne Jugendkultur, früher an der Rollschuhbahn, musste sein Angebot wegen des neuen Beachvolleyball-Felds vor drei Jahren auf den Eugen-Bolz-Platz verlegen. Mit DJ, Fahrgeschäften, Wurf-Buden, Getränke- und Essensständen war dort einiges los. Viele Jugendliche pendelten zwischen dort und dem Schänzle. „Wo ist der Bolz?“, fragten Auswärtige. „Wir sind dabei, diesen Standort zu etablieren“, sagte Andreas Lanz, Vorsitzender des Vereins Moderne Jugendkultur. Seit 1981 organisiert er Partys am Neckarfest. Der „Scheibenwischer“, ein Fahrgeschäft, war ständig voll besetzt. In den frühen Abendstunden vergnügten sich Kinder bei Schaumschlachten. Bis tief in die Nacht hinein, tanzten Jugendliche vor dem DJ-Wagen.

Im Schänzle bot der 600 Mitglieder starke Skiclub Rottenburg (SCR), der in dieses Jahr 50 Jahre alt wird, ein außergewöhnliches Programm. In drei Shows führte der Free-Style-Club Zollernalb sein Können auf dem Trampolin vor. „Diese Sprünge machen sie im Winter auf der Piste“, erklärte SCR-Vorsitzender Marc Brück beeindruckt. „Das Neckarfest ist die einmalige Chance, uns als Skiclub im Sommer zu präsentieren.“ Viele Jugendliche halfen am Stand. Zwei Bands spielten, eine für Kinder und eine für Erwachsene.

In den späten Abendstunden saßen fast alle Besucher des SCR draußen. Der Platz wurde zusammen mit dem TSV Dettingen, der daneben sein Zelt hatte, zur zusammenhängenden Fläche gestaltet. Das bewährte sich und soll wohl so beibehalten werden.

Auf dem Beachvolleyball-Feld wurden die grünen Sonnenliegen gegen wetterbedingt auf- und ab- und wieder aufgebaut. Bis in die Nacht genossen Besucher Strandfeeling mit einem Cocktail in der Hand. Für die Kleinen war eine Hüpfburg aufgebaut.

Im Schänzle gab es Pita Gyros beim FC Hellas Rottenburg-Bodelshausen, Wildschweinbratwurst bei den Hägeles Hexen, an mehreren Ständen Pizza und natürlich Steak und Rote Wurst. Die Fasnetskapelle Taktlos ließ die Schneehühner spielen, und auf der Bühne des Jugendhauses unterhielten Rapper. Hailfingen war drei Mal vertreten mit einer Schießbude (Schützenverein), einem Crêpes-Stand (Katholische Kirchengemeinde) und einem Festzelt (Musikverein und Sportverein zusammen).

Motorradfreunde

lieferten pralles Programm

Bei den Motorradfreunden Rottenburg ging es gewohnt rockig zu. Am Samstagabend heizten die Woodpeckers dreihundert Besuchern auf dem offenen Platz vor der Bühne ein. „Das ist geiler Cover-Rock“, sagte Studentin Alessia Braun aus Tübingen, die mit zwei Freunden gekommen war. Für den Verein Motorradfreunde mit seinen nur vierzehn Mitgliedern, der die Gagen für insgesamt neun Bands mit Essen und Getränken hereinholen muss, eine ganz schöne Herausforderung. „Wir bauen schon die ganze Woche auf. Viele Partner, Kinder, Freunde und Bekannte sind im Einsatz“, berichtete der Vize-Vorsitzender Markus Sautter.

Am Sonntag mischten sich bei angenehmen Temperaturen alle Altersgruppen auf dem Neckarfest. Zum Mittagessen vor der Zehntscheuer spielte der Musikverein Vollmaringen bei den Ergenzingern, auf der anderen Neckarseite war das Zelt des Wendelsheimer Sportvereins mit Schnitzel-Essern voll. Auf der Show-Insel jazzten die Gluzger, am Flussufer gegenüber RoBlech mit klassischer Blasmusik. Im Schänzle bissen viele in Steakwecken und Langos und bereiteten sich auf die Abendparty vor. Doch gegen 18 Uhr strebten viele Leute erst mal davon: Das Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft begann.

Neckarfest in Rottenburg: The Edge spielten am Samstagabend auf der Show-Insel vorm Haus am Nepomuk, als die Dämmerung kam. Bild: Bernhard

Neckarfest in Rottenburg: The Edge spielten am Samstagabend auf der Show-Insel vorm Haus am Nepomuk, als die Dämmerung kam. Bild: Bernhard