Kartellamt

Rote Karte für dubiose Firmen

Chef Andreas Mundt kündigt für Herbst den Start des Wettbewerbsregisters an. Wer gegen Gesetze verstößt, erhält keine öffentlichen Aufträge mehr.

24.06.2021

Von DPA

Unternehmen mit Dreck am Stecken sollen es künftig schwerer haben, an öffentliche Aufträge zu kommen. Andreas Mundt, Chef des Bundeskartellamtes, stellte den Start des sogenannten Wettbewerbsregisters für den Herbst in Aussicht. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, an die bundesweit 30?000 Vergabestellen angeschlossen werden und in die Meldungen von Staatsanwaltschaft sowie Zoll einfließen. „Solche Unternehmen werden je nach Delikt drei bis fünf Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen“, sagte Mundt. Vergabestellen könnten Firmen zwar trotz Registereintrags beauftragen, solche Entscheidungen wären aber schwer vor Ort durchzusetzen.

Es geht zum Beispiel um Steuerhinterziehung, um die Nichteinhaltung des Mindestlohns und in den schlimmsten Fällen um die Bildung von kriminellen Vereinigungen, Terrorismusfinanzierung und Menschenhandel. Schon heute gibt es entsprechende Vorschriften, solche Unternehmen nicht zum Zug kommen zu lassen. Allerdings fehlt ein zentrales Portal, um bundesweit den Überblick zu haben. „Das Problem ist, dass der Auftraggeber nicht zuverlässig weiß, ob ein Unternehmen in solch eine Tat verstrickt war“, sagte Mundt. „Das wird in der Zukunft über das Wettbewerbsregister systematisch erfasst.“ Für seine Behörde sei das Wettbewerbsregister technisch gesehen „ein Riesen-IT-Projekt“. Es werde eines der ersten Register in Deutschland sein, das voll digital funktioniere. „Wir werden die kommenden Monate für den Feinschliff brauchen“, sagte Mundt.

Unterdessen laufen unlängst gestartete Verfahren gegen US-Internetgiganten weiter. Im Januar war eine Gesetzesnovelle abgeschlossen worden, derzufolge das Kartellamt früher eingreifen kann als bisher. Zuvor schritt die Behörde erst ein, wenn ein Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hatte. Künftig kann das Kartellamt bestimmte Verhaltensweisen auch vorbeugend untersagen.

Die Behörde leitete daher zwischen Ende Januar und Mitte Juni „Festlegungsverfahren“ gegen Facebook, Google, Amazon und Apple ein. Bei diesen separat voneinander geführten Verfahren geht es um die Frage, ob diesen Firmen eine „marktübergreifende Bedeutung“ für den Wettbewerb zukommt. Ist dies der Fall, kann das Amt in einem nächsten Schritt gewisse Geschäftspraktiken untersagen. Auf Basis des alten Rechts ist das Kartellamt schon mehrfach gegen die Internetwirtschaft vorgegangen, um Schaden vom Verbraucher abzuwenden. Allerdings dauert es teilweise lange, bis Entscheidungen rechtskräftig werden. Bei der neuen Rechtsgrundlage gehe es schneller, so Mundt. Wann die nächsten Schritte erfolgen, könne er aber nicht prognostizieren, schließlich sei es juristisches Neuland.

Man habe in der Vergangenheit „leidvolle Erfahrungen gemacht, was passiert, wenn die Unternehmen sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren“. So dauere ein Rechtsstreit mit Facebook über die verschiedenen Instanzen hinweg schon sehr lange. Bei Entscheidungen auf Basis des neuen Paragrafen 19a im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) fällt das Oberlandesgericht als Instanz weg, und es geht direkt vor den Bundesgerichtshof. „Das ist ein wesentlicher Schritt für die Verkürzung der Gerichtsverfahren.“

Politiker verschiedener Parteien sehen die neue Rechtsgrundlage positiv. „Die Plattformökonomie lädt zur Monopolbildung ein“, erklärte der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben. Damit Internetriesen ihre marktbeherrschende Position nicht ausnutzen, um andere Unternehmen aus dem Wettbewerb zu drängen, brauche es eine wirksame Regulierung durch einen neutralen Schiedsrichter. „Das Bundeskartellamt spielt dabei eine zentrale Rolle.“ Das Wettbewerbsregister für die Unternehmen sieht der Liberale ebenfalls positiv. „Durch das zentrale Sammeln von Informationen bleiben den Vergabestellen aufwendige Unternehmensprüfungen erspart.“ Es sei aber wichtig, „bei der konkreten Ausgestaltung des Registers die Unternehmen nicht per se unter Generalverdacht zu stellen“. dpa

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Erstellt:
24.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 24.06.2021, 06:00 Uhr

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