Kommentar · Olympia

Rio ist jetzt wieder ganz unter sich

Sportredakteur Wolfgang Scheerer berichtet von seinen Erfahrungen in Rio de Janeiro.

22.08.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Rio de Janeiro. Es ist schon kurios, Rio de Janeiro als Olympia-Gastgeber 2016 und Tokio als Ausrichter im Jahr 2020 haben, was die Bevölkerungsstatistik angeht, etwas gemeinsam: Sie sind die am wenigsten internationalen Metropolen der Welt. Unglaublich?

Hat nicht gerade Rio ganz offensichtlich eine bunte Mischung an ethnischer Vielfalt. Man musste den Menschen hier in den langen Warteschlangen vor den olympischen Sicherheitsschleusen nur ins Gesicht schauen, um die Geschichte ihrer Familie vielleicht zu erahnen. Portugiesische, spanische, italienische, deutsche Wurzeln. Wie beispielsweise bei Supermodel Gisele Bündchen. Wir reden hier aber weder über vor einem Jahrhundert eingewanderte Ahnen noch über die vielen Touristen in der Stadt, sondern über das richtige Rio. Natürlich ist es genetisch auch ein Teil der alten Welt. Das ganz sicher. Und durch den Sklavenhandel sind einst zahlreiche Afrikaner dazugekommen.

Nimmt man als Maßstab jedoch den Anteil der in einem anderen Staat geborenen Menschen unter der aktuellen Stadtbevölkerung, dann liegen Rio mit nur einem Prozent und Tokio mit fünf Prozent eben global tatsächlich auf den letzten beiden Plätzen. Die größte zugewanderte Population lebt laut einer Statistik, die das Magazin Geo veröffentlicht hat, übrigens in Dubai: nämlich 85 Prozent. Rund zwei der insgesamt 2,3 Millionen Einwohner sind dort als Gastarbeiter im Land. Und die Zuwanderung nach Rio? Gerade hier gilt eben: Es war einmal ...

Auch die rund 10 500 Olympia-Athleten werden jetzt ganz schnell wieder weg sein aus der 6,5-Millionen-Metropole. Geblieben ist einst Maria Lenk (1915 – 2007). Nach der deutschstämmigen einstigen brasilianischen Weltklasse-Schwimmerin ist die Wassersport-Arena im Olympiapark Barra benannt. Barra selbst ist alles andere als eine Touristengegend. Von heute an bis zu den Paralympics, die erst am 7. September beginnen, sind die Einheimischen hier also wieder so ziemlich unter sich.