Bundesliga

Riesenangst um Gentner überschattet Stuttgarter 1:0

Der VfB-Kapitän erleidet nach einem Zusammenprall mit Wolfsburgs Torhüter mehrere Gesichtsbrüche. Der Video-Schiedsrichter greift nicht ein.

18.09.2017

Von GEROLD KNEHR

Besinnungslos blieb Christian Gentner nach dem Zusammenprall mit Wolfsburgs Torhüter Koen Casteels auf dem Boden liegen. Auch wenn es zunächst schlimm aussah: Bleibende Schäden braucht der VfB-Kapitän nicht zu befürchten. Foto: Eibner

Besinnungslos blieb Christian Gentner nach dem Zusammenprall mit Wolfsburgs Torhüter Koen Casteels auf dem Boden liegen. Auch wenn es zunächst schlimm aussah: Bleibende Schäden braucht der VfB-Kapitän nicht zu befürchten. Foto: Eibner

Stuttgart. Fünf Minuten können verdammt kurz sein – beispielsweise wenn man einem Schüler weismacht, er habe im neuen Schuljahr nur fünf Minuten Sommerferien. Andererseits können fünf Minuten auch unendlich lang erscheinen. Wenn etwa der Zahnarzt bohrt. Oder wenn, wie am Samstag in der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena, ein Spieler schwer verletzt auf dem Boden liegt – und 50 500 Zuschauer im Stadion den Atem anhalten.

Für Guido Winkmann, Schiedsrichter der Bundesliga-Begegnung VfB Stuttgart – VfL Wolfsburg, wären fünf Minuten jede Menge Zeit gewesen, um mit seinem Videoassistenten, Deniz Aytekin, ausgiebig die Szene zu diskutieren, die zu der schweren Verletzung von VfB-Kapitän Christian Gentner führte. So lange war die Begegnung unterbrochen. Der Videoschiedsrichter in Köln hätte die Möglichkeit gehabt, die Szene aus verschiedenen Kameraperspektiven ausführlich zu betrachten und sich mit Winkmann zu verständigen, der das Spiel hatte weiterlaufen lassen.

Was war passiert? Nach einer Flanke auf Gentner war Wolfsburgs Keeper Koen Casteels aus dem Torraum gestürmt. Mit angezogenem linken Knie sprang er hoch, faustete den Ball weg – und traf Gentner mit voller Wucht rechts im Gesicht. Die Folge dieses heftigen Zusammenpralls: Der 32-Jährige lag blutüberströmt und bewusstlos auf dem nassen Rasen. Der ohne Wink von Winkmann sofort auf den Rasen geeilte Stuttgarter Mannschaftsarzt Raymond Best rettete Gentner vor dem Ersticken, indem er ihm die Zunge aus dem Hals zog. „Das waren dramatische Momente. Wir hatten Riesenangst, dass was passiert ist, was bleibende Schäden hinterlassen könnte“, sagte VfB-Trainer Hannes Wolf, der ebenfalls auf den Platz gelaufen war. So schlimm später auch die Diagnose war: schwere Gehirnerschütterung, Bruch des Augenhöhlenbodens, der Nase und des Oberkiefers – bleibende Schäden braucht Gentner laut Vereinsangaben nicht zu befürchten.

Niemand unterstellte dem Wolfsburger Torhüter bei dieser Aktion Absicht. Schon in der Jugend lerne man, „dass du das linke Knie mitnimmst, wenn du mit rechts hochgehst. 99 Prozent der Torhüter machen das so“, erklärte Casteels. Aber: Alle Bilder belegen, dass er Gentner mit dem Knie schwer getroffen hatte. Auch ohne Absicht: Zumindest Gelb-Rot für den bereits verwarnten Wolfsburger Keeper plus Strafstoß für den VfB wäre die richtige Entscheidung gewesen. Doch Winkmann wie Aytekin werteten die Szene als „unglücklichen Zusammenprall“. Schiedsrichter-Chef Hellmut Krug sah eine „regeltechnisch grenzwertige“ Entscheidung, die aber gerade noch vertretbar sei.

Der VfB brachte das 1:0 in der restlichen Spielzeit plus den acht Minuten Nachspielzeit in Unterzahl – Wolf hatte bereits dreimal ausgewechselt – über die Zeit. Gentner wird wohl mehrere Monate ausfallen.

„Die wichtigste Nachricht ist, dass Christian vollständig gesund wird“, sagte Sportvorstand Michael Reschke. Der Unfall hatte das Spiel in den Hintergrund gerückt. Beim zweiten 1:0-Sieg im zweiten Heimspiel zeigten drei Neuzugänge, dass sie zu einer echten Verstärkung werden können. Anastasios Donis flankte den Ball in der 42. Minute in den Strafraum. Casteels parierte wie auch den Schuss von Chadrac Akolo. Bei Akolos Nachschuss zum Stuttgarter 1:0-Siegtreffer jedoch war der Keeper der Wolfsburger, die eine enttäuschende Leistung zeigten, machtlos.

Einen beeindruckenden Auftritt im defensiven Mittelfeld hatte der nur 1,68 Meter große Argentinier Santiago Ascacibar bei seinem ersten Spiel vor eigenem Publikum. Obwohl der kleine Mann viel einstecken musste, überzeugte der hellwache Rackerer sowohl in kämpferischer wie auch in spielerischer Hinsicht. „Der deutsche Fußball ist intensiver, technisch stärker und schneller als der in der argentinischen Liga“, befand Ascacibar. Er wird in den nächsten Monaten Christian Gentner, an dessen Seite er am Samstag spielte, im defensiven Mittelfeld vertreten müssen.

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Erstellt:
18.09.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 18.09.2017, 06:00 Uhr

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