Kusterdingen

Recht bissig

28.07.2018

Von Friedrich Linnemann, Kusterdingen

Der Tübinger Gemeinderat fordert in einer Resolution den Oberbürgermeister auf, sich zu entschuldigen. Die Aufforderung lässt überhebliches Denken erkennen und fördert populistische Unsachlichkeit.

Die Räte der Universitätsstadt sollten eigentlich wissen, dass sich niemand – auch kein Oberbürgermeister – selbst entschuldigen kann. Wenn jemand Schuld auf sich geladen hat, ist es für ihn unmöglich, sich dieser Schuld selbst zu entledigen. Die nicht seltene Floskel „Ich entschuldige mich“ belegt allenfalls, dass der Betreffende im Grunde nichts verstanden hat und der Selbstüberschätzung unterliegt, er sei immer Herr des Geschehens und könne alles in seinem Sinne regeln, so oder so.

Ein einsichtig Schuldbeladener hat nur eine einzige Möglichkeit. Er bedauert sein Fehlverhalten ohne Wenn und Aber und bittet den oder die Betroffenen um Verzeihung. Damit gesteht er seine Schuld ein. Ein solches Eingeständnis setzt in jedem Falle eine gewisse menschliche Größe voraus und ist besonders dann nicht gerade einfach, wenn die Öffentlichkeit beteiligt ist. Ob die Bitte um Verzeihung Erfolg hat, liegt ausschließlich im Ermessen des oder der Betroffenen.

Wer wird in Tübingen denn nun gegebenenfalls wen um Verzeihung bitten? Oder wollten die bei dem Migranten- und Flüchtlingsdisput zum Teil recht bissig agierenden Kontrahenten nur spielen?