Kultur

Ratlose, enttäuschte Veranstalter

Der „Heidelberger Frühling“ reagiert auf den Corona-Gipfel – und sagt das internationale Klassik-Festival ab.

06.03.2021

Von JÜRGEN KANOLD

Kein „Heidelberger Frühling“. Das Klassik-Festival ist abgesagt. Foto: dpa

Kein „Heidelberger Frühling“. Das Klassik-Festival ist abgesagt. Foto: dpa

Heidelberg. Kulturstaatsministerin Monika Grütters spricht nach dem Corona-Gipfel von einem „wichtigen Hoffnungszeichen“ – aber die Kulturschaffenden selbst sind teils enttäuscht bis fassungslos, aber allemal verwirrt. Was besagen die Beschlüsse? Im „vierten Öffnungsschritt“ (frühestens 23. März) ist die Wiederaufnahme des Spielbetriebs von Theatern und Opernhäusern möglich: bei einer Inzidenz unter 50 beziehungsweise bei einer Inzidenz unter 100 mit tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttests.

Abgesehen davon, ob es bis dahin dem potenziellen Publikum überhaupt möglich ist, überall auf solche Tests zuzugreifen: Ein Opernhaus benötigt gewiss zwei Wochen, um den Apparat hochzufahren, Ensemble, Orchester, Technik aus der Kurzarbeit zu holen, eine Produktion mit der nötigen Qualität auf die Bühne zu bringen. Aber was passiert, wenn am Tag der Premiere die Inzidenz 101 beträgt? Ein staatlich subventioniertes Haus mag die Ausfallkosten vielleicht aufbringen – ein privates Musical-Theater etwa wird dieses finanzielle Risiko nicht eingehen.

Alle Mühe vergeblich

Was der Corona-Gipfel bewirkt, zeigt das Beispiel „Heidelberger Frühling“. Das vor 25 Jahren gegründete Festival gehört zu den großen Klassik-Events, mitgetragen von Partnern wie dem Softwarekonzern SAP; es finanziert sich zu 73 Prozent aus eigenen Einnahmen. Am Freitag ist es jetzt abgesagt worden aufgrund „fehlender Planungssicherheit“. Das hat Intendant Thorsten Schmidt gemeinsam mit der Heidelberger Stadtspitze entschieden. „FESTspiel“ hätte das Motto lauten sollen vom 20. März bis 18. April: 92 Veranstaltungen, 475 Künstlerinnen und Künstler.

Der Ärger in Heidelberg ist groß: „Es gibt immer noch keinerlei verlässliche Vorschläge und differenzierte Lösungen für die Öffnung von kulturellen Veranstaltungen seitens der überregionalen Politik“, sagt Schmidt. Ständig werde mit wechselnden und damit willkürlichen Grenzwerten operiert, aber „Teststrategien oder die Arbeit mit Registrierungs-Apps wurden bislang außer Acht gelassen.“ Der Intendant spricht von einer niederschmetternden Erfahrung: „Man könnte meinen, Kultur sei gesundheitsgefährdend.“

Schon 2020 war der „Heidelberger Frühling“ wegen der Pandemie ausgefallen. Ein Jahr lang habe man darum gekämpft, „unter schwersten Voraussetzungen“ ein Festival auf die Beine zu stellen, das unter pandemischen Bedingungen künstlerisch überzeugt und betriebswirtschaftlich solide durchgeführt werden kann. Alle Mühe war vergeblich.