Linke

Querelen vor dem Parteitag

Der Streit um Wagenknecht und Lafontaine geht weiter. Manche versuchen aber auch noch Politik zu machen.

18.06.2021

Von André Bochow

Will „Rentenfrieden“ und hat wenig Frieden in der eigenen Partei  die linke Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow Foto: Michael Reichel/dpa

Will „Rentenfrieden“ und hat wenig Frieden in der eigenen Partei die linke Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow Foto: Michael Reichel/dpa

Berlin. Jan Korte ist keiner, der Situationen schönredet. „Es läuft gerade nicht gut“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag. „Deshalb muss der Parteitag ein Aufbruch werden.“ Noch wird der Gedanke an ein komplettes Scheitern bei der Bundestagswahl von allen führenden Genossen brüsk zurückgewiesen, doch die Umfragewerte sind miserabel.

Und derzeit wird alles durch neue Querelen überschattet. Vielen stößt der Bestseller „Die Selbstgerechten“ auf, geschrieben von Sahra Wagenknecht. In dem Buch geht die bekannteste Linke auch mit der vermeintlichen Entfremdung ihrer Partei von den werktätigen Menschen hart ins Gericht. Und Wagenknechts Ehemann und Ex-Parteichef Oskar Lafontaine ruft im Saarland dazu auf, die Linken nicht zu wählen, weil dort ein persönlicher Konkurrent an der Spitze der Landesliste steht, dem Stimmenkauf und Korruption vorgeworfen werden. Einige in der Partei, niemand weiß genau wer, haben Parteiausschlussverfahren gegen Wagenknecht und Lafontaine verlangt.

Deswegen platzte Dietmar Bartsch am vergangenen Wochenende der Kragen. „Ich finde es unverantwortlich“, empörte sich der Bundestags-Fraktionschef auf dem Landesparteitag in Mecklenburg-Vorpommern, „in einer solchen Situation, rund 100 Tage vor den Wahlen, Ausschlussanträge zu stellen“.

Gegen ein Verfahren

Inzwischen hat sich die gesamte Parteiführung gegen ein Ausschlussverfahren gewandt. „Es wird auf dem Parteitag keine Grundsatzaussprache zu Oskar Lafontaine und zu Sahra Wagenknecht geben“, sagt die Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow. „Die Welt wäre einfacher, wenn wir alle gemeinsam nach vorn schauen und die Arschbacken zusammenkneifen.“

Hennig-Wellsow versucht immerhin weiter, linke Politik zu machen. Sie fordert die demokratischen Parteien auf, sich noch vor der Bundestagswahl zu einem „Rentenfrieden“ zu verpflichten und „von Kürzungsplänen Abstand zu nehmen“. Die Pandemie bedeute für viele Menschen große existenzielle Unsicherheit. „Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass wenigstens die Rente sicher ist“, sagt Hennig-Wellsow und ergänzt: „Bestellte Gutachten, die die Rente mit 68 oder gar 70 Jahren als alternativlos darstellen und die Pläne der CDU für höhere Abschläge bei früherem Renteneintritt lassen dagegen Böses erahnen. Diese Pläne dürfen niemals umgesetzt werden.“

Solch ein Vorstoß dürfte auch Jan Korte gefallen, der die Linke immer noch als „die Robin-Hood-Partei“ sieht. „Wir wollen Umverteilung, wir legen uns mit den Mächtigen an“, versicherte Korte. „Und zwar mit viel Leidenschaft, Lust, Geschlossenheit und mit allen populären Politikerinnen und Politikern, die wir haben.“