Baden-Württemberg – China

Querdenker und Brückenbauer

Bernhard Weber ist seit 15. Juli 2018 Geschäftsführer von Baden-Württemberg International in Nanjing und Repräsentant des Landes Baden-Württemberg in China.

14.12.2018

Von Ralf Flaig / Simone Maier

Bernhard Weber

Bernhard Weber

Der China-Experte Bernhard Weber ist seit über 20 Jahren für verschiedene deutsche Unternehmen im Reich der Mitte tätig und verfügt über ein exzellentes Netzwerk vor Ort. Zudem ist der 60-Jährige Vorstand der Europäischen Handelskammer in China. Auf einem Kurztrip nach Europa nahm sich Weber die Zeit für ein persönliches Interview im Haus der Wirtschaft für „Wirtschaft im Profil“.

Herr Weber, Sie kennen China
wie Ihre Westentasche. Warum der Wechsel von einem Industrieunternehmen zu einer baden-württembergischen Landesagentur?

Erstens bin ich im Ländle geboren und aufgewachsen. In Bonn habe ich Sinologie studiert und bereits während des Studiums zwei Jahre in China gelebt. Nach meinem Abschluss 1987 bin ich bei Siemens in Erlangen in den sogenannten ‚Karpfenteich für Spinner‘ gesteckt worden, ein Pool von Querdenkern. Heute verstehe ich mich mehr als Brückenbauer, und möchte meine langjährigen Erfahrungen an hiesige Unternehmen, die in China Fuß fassen wollen, weitergeben.

Warum haben Sie sich für ein
Leben in China entschieden?

Nach einem Zwischenstopp im Silicon Valley ging ich für Siemens nach Nanjing und bin dort hängengeblieben. Meine Frau, eine gebürtige Schottin, und ich bauten uns dort ein gemeinsames Leben mit unseren drei Kindern auf.

Und wie ging es beruflich weiter?

Als kaufmännischer Leiter einer Fabrik und später als CFO der Landesgesellschaft Bosch Siemens Haushaltsgeräte war ich mit dafür verantwortlich, dass wir den Umsatz jährlich über 20 Prozent steigern konnten. Mir war es immer wichtig, Kon-stanz in das Management zu bekommen und für einen interkulturellen Austausch zwischen europäischen und chinesischen Wertvorstellungen zu sorgen. Es bedarf Fingerspitzengefühls, sich nicht von chinesischen ‚Spezialitäten‘ vereinnahmen zu lassen.

Was verstehen Sie unter
„Spezialitäten“?

Staatliche Lenkung, Korruption, Pressezensur.

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Die Strategie „Made in China 2025“ hat zehn Schlüsseltechnologien wie beispielsweise Maschinenbau, Elektrotechnik und Automobilzulieferung auf dem Einkaufszettel. Wenn man diesen mit der baden-württembergischen Wirtschaft vergleicht, ergibt sich eine Schnittmenge von knapp 60 Prozent. Die Chinesen schätzen die hohe Qualität unserer Produkte, unsere technologische Spitzfindigkeit und das hohe Niveau an universitärer Ausbildung und praktischer Lehre. Sie wissen alles über für sie interessante Unternehmen im Ländle. Sogar über die Altersstruktur der mittelständischen Unternehmer wissen sie Bescheid. Sie geben sogar Studien in Auftrag, um an potenzielle Kandidaten für eine Übernahme zu kommen.

Aber umgekehrt ist es ausländischen Investoren untersagt, sich bei chinesischen Unternehmen einzukaufen?

Das ist zum Teil richtig, aber das Land öffnet sich immer mehr für Importe und senkt Zölle. China will starke deutsche Marken vor Ort kaufen. Wenn man bedenkt, dass derzeit 22 Prozent der chinesischen Bevölkerung dem Mittelstand angehören, und es das erklärte Ziel der Staatsführung ist, diese Zahl auf 40 Prozent im Jahr 2025 zu steigern, lässt sich ermessen, von welcher Größenordnung des Marktes und der Kaufkraft wir hier reden.

Wie schätzen Sie die weitere
Entwicklung für deutsche
Unternehmen in China ein?

Bisher galt die Einteilung „erlaubt, geduldet, verboten“, jedoch wird diese immer mehr aufgeweicht. Als absolute „No-Gos“ für ausländische Investoren in China gelten die Bereiche Militär und Erziehung. Wenn man in China mitspielen will, muss man eine gewisse Geschwindigkeit und Geschmeidigkeit mitbringen.

Worin ähneln sich Chinesen
und Schwaben?

An der Liebe, Geld zu verdienen. Alle Glücksbegriffe in China sind mit Geld verbunden.

Bernhard Weber Geschäftsführer für Bw-i nanjing

Seit 15. Juli 2018 ist Bernhard Weber der neue Geschäftsführer der Baden-Württemberg International (bw-i) Economic and Scientific Corporation (Nanjing) Co., Ltd., einer 100-prozentigen bw-i-Tochter. Zudem übernahm er die Repräsentanz des Landes Baden-Württemberg in China. Der gebürtige Karlsruher war davor Senior Vice President bei der BSH Home Appliances Holding (China) Co., Ltd., der China-Tochter der BSH Hausgeräte GmbH. Für das Unternehmen war er seit 1998 in China tätig – viele Jahre als Finanzvorstand und zuletzt mit der Zuständigkeit für Personal, IT und Regierungsbeziehungen. Seit 2013 ist er Vorstand der European Chamber of Commerce in Nanjing. Der Diplom-Übersetzer für Chinesisch und Japanisch, der einen MBA in den USA absolvierte, startete seine berufliche Karriere bei Siemens und hatte bei dem Technologiekonzern verschiedene Posten in Deutschland, USA und China inne.