Waffe sah echt aus

Prozess um Überfallserie auf Tankstellen

Im Prozess gegen einen 37-Jährigen, der Anfang April 2014 zwei Tankstellen in Tübingen und eine in Mössingen ausgeraubt haben soll, hörte das Landgericht gestern die überfallenen Angestellten.

03.12.2015

Von Dorothee Hermann

Tübingen/Mössingen. Der Angeklagte soll am Abend des 5. April 2014 drei Tankstellen überfallen haben (wir berichteten). Er gab an, seit langem drogenabhängig zu sein. Mitangeklagt ist die 26-jährige Freundin des Mannes. Sie soll die Sturmhaube besorgt haben, mit der sich der Räuber jeweils maskierte. Die Tatwaffe soll sie von einem Cousin bekommen haben.

Der Täter war jeweils kurz vor Betriebsschluss gekommen und hatte die teilweise allein anwesenden Angestellten mit einer Schreckschusspistole zur Herausgabe der Kasseneinnahmen gezwungen. Insgesamt soll er rund 2250 Euro erbeutet haben. Die dem Gericht vorliegende Waffe sah täuschend echt aus.

Der 22-Jährige, der an jenem Abend in der Lustnauer Sprint-Tankstelle an der Kasse saß, hatte schon das Wechselgeld gezählt und zunächst gar nicht registriert, dass jemand hereingekommen war. „Er stand plötzlich vor mir.“ Der maskierte Mann trug eine Waffe. „Ich hatte damals den Eindruck, ich werde direkt bedroht“, sagte der Zeuge. Erst auf dem Video der Überwachungskamera sah er im Nachhinein, dass der Täter die Waffe nur in der Hand hielt.

Der Mann habe sofort über den Verkaufstresen in die Kasse gegriffen und versucht, den schwarzen Einsatz herauszureißen. Als ihm das nicht gelang, habe er erneut Geld gefordert und etwa 640 Euro erbeutet. „Es war auf jeden Fall ein Schock“, so der Zeuge. Doch dann habe er sich gesagt, ihm sei nichts passiert, ihm gehe es gut. Ein paar Tage später arbeitete er schon wieder in der Tankstelle. Es habe ihm geholfen, mit seinen Eltern und mit den Betreibern zu sprechen. In der Folgezeit sei er nur einmal kurz erschrocken, als er bei einer Zapfsäule einen Mann mit Sturmhaube zu sehen meinte. „Es war aber ein Motorradfahrer.“

Am Tatabend näherte sich der Angestellte als nächstes einer Tankstelle in Mössingen. Das Überwachungs-Video zeigt einen Maskierten, der mit der Pistole in der Hand in den Verkaufsraum stürmte. Der damals 41-jährige Angestellte versuchte zunächst, den Mann mit Fünf-Euro-Scheinen abzuspeisen. „Es klappte nicht“, sagte er gestern. Schließlich machte er einfach, was der Täter verlangte. Doch er habe zu keinem Zeitpunkt befürchtet, ihm könne ernstlich etwas passieren.

Das dritte Ziel des Angeklagten war die Esso-Tankstelle in der Tübinger Weststadt. Die Studentin, die an jenem Abend an der Kasse saß, war schon beim Aufräumen. „Es war nach 23 Uhr.“ Der Täter gab zunächst vor, Zigaretten kaufen zu wollen. Als die Frau ihm das Päckchen hinlegte, habe er eine Waffe aus dem Hosenbund gezogen und Geld gefordert. „Für mich sah es aus wie eine Pistole, wie sie auch ein Polizist tragen könnte.“ Mittlerweile seien noch zwei weitere Kunden gekommen, ein junger Mann und eine ältere Dame. Der Mann habe noch versucht, den Täter aufzuhalten. Doch die 25-Jährige hielt ihn ab: „Hauptsache, es passiert nichts.“

Alle drei haben den Überfall gut verarbeitet und gestern die Entschuldigung des Angeklagten angenommen. Das Urteil wird für den heutigen Donnerstag erwartet.