Rottenburg

ProvokativeThesen

Mit dem Insektensterben beschäftigt sich das Studium Generale an der Rottenburger Forsthochschule. Insektenforscher Herbert Nickel sorgte für ein volles Haus („Besser Rinder statt Mäher“, 3. November).

29.11.2017

Von Alfred Buchholz, Rottenburg

Die Daten der Untersuchungen des Vortragenden zeigen, dass auf seinen Probeflächen Mähder deutlich weniger Zikaden aufweisen als Weiden. Diese von ihm selber als „Alternative Fakten“ bezeichneten Daten nimmt er als Ausgangspunkt für die These, dass die Mahd die Ursache des Insekten- und Artensterbens der letzten 200 Jahre ist.

So sehr seine Daten zu denken geben, so sehr entwertet er sie nun selber. Alles, was nicht zu seiner These passt, fällt unter den Tisch und er schießt sich eindimensional auf die Mahd als Feind ein. Intensivierung, Eutrophierung, die Verwendung von Pestiziden – das alles spiele nicht die entscheidende Rolle, wird suggeriert. Allerdings gibt der Vortragende in einem stilleren Moment doch zu, dass es in unserer kleinparzellierten Region nicht so schlimm sei wie in anderen Regionen.

Dass in der Landwirtschaft die ursprünglich artenreichen Wiesen mittlerweile sechs- bis achtschürigem eingesätem Grünland gewichen sind, bei größeren Bewirtschaftungseinheiten, wird verschwiegen. Dafür werden suggestive Bilder gezeigt, wie zum Beispiel eine Unke vor einem 10 Zentimeter großen Trittsiegel einer Kuh, als würde das der Unke als Lebensraum genügen.

Mit solchen Aussagen entwertet der Vortragende seine an sich wichtigen Untersuchungen. Schade.

Natürlich sind provokative Thesen griffiger als die Komplexität der Ökologie. Ich wurde den Eindruck nicht los, dass es mehr um das Erzeugen von Aufmerksamkeit für seine These als um wirkliche Inhalte ging. Ähnlich wie bei anderen „alternativen Fakten“.