Handball-EM

Prokop stellt Gretchenfrage

Nachdem das Halbfinale verpasst ist, müssen sich die Spieler neu motivieren. Nun gilt es, Schwung für die Olympia-Qualifikation aufzunehmen.

20.01.2020

Von SEBASTIAN SCHMID

Der großartige Kampf wurde nicht belohnt, entsprechend groß ist die Enttäuschung über das verpasste Halbfinale bei den deutschen Spielern. Doch die Europameisterschaft ist noch nicht vorbei, mindestens zwei Spiele stehen noch aus. Foto: Robert Michael/dpa

Der großartige Kampf wurde nicht belohnt, entsprechend groß ist die Enttäuschung über das verpasste Halbfinale bei den deutschen Spielern. Doch die Europameisterschaft ist noch nicht vorbei, mindestens zwei Spiele stehen noch aus. Foto: Robert Michael/dpa

Wien. Im Großen wie im Kleinen zeigt sich bei der Handball-Europameisterschaft mal wieder, wie eng die Dinge im Sport beieinanderliegen. Freud und Leid sind mitunter nur einen Wurf entfernt, zwischen „zu Tode betrübt“ und „himmelhochjauchzend“ liegt manchmal nur eine Woche – und schon morgen kann alles wieder anders sein. Doch das ist es, was den Sport ausmacht und was die Fans so an ihm lieben.

Ein Paradebeispiel dafür war das Hauptrundenduell der deutschen Mannschaft gegen Kroatien. „Für solche Spiele spielt man Handball“, sagte der kroatische Rückraumakteur Luka Stepancic nach der Partie vor 9307 Zuschauern in der Wiener Stadthalle. „Ein Unentschieden wäre das beste Ergebnis gewesen, weil auch Deutschland für diesen Kampf belohnt gehört hätte.“

Doch da die deutschen Handballer in den letzten fünfzehn Minuten einen Fünf-Tore-Vorsprung verspielten und Jannik Kohlbacher Sekunden vor dem Ende freistehend die Chance auf den Ausgleich vergab, standen sie nach dem 24:25 (14:11) mit leeren Händen da. Damit hat Deutschland bei der EM in Österreich, Norwegen und Schweden keine realistische Chance mehr aufs Halbfinale. „Heute wird getrauert, aber dann werden wir uns neue Ziele setzen“, sagte Bundestrainer Christian Prokop nach dem Schlusspfiff.

Es folgte eine schlaflose Nacht, in der den Spielern die Schlüsselszenen der dramatischen und intensiven Partie noch einmal durch den Kopf gegangen sind. Die sensationelle erste Halbzeit, in der die Abwehr kaum Treffer der Kroaten zugelassen hat, Andreas Wolff im Tor in Galaform war und im Angriff konzentriert abgeschlossen wurde. Den Schlaf raubte aber die zweite Hälfte, als die abgezockten Kroaten stärker wurden, Deutschland im Angriff nicht mehr viel gelang, Prokops Team mit Abspielfehlern und Fehlwürfen den Vorsprung zu schnell verspielte und am Ende der unverdiente Verlierer war.

So groß die Enttäuschung auch ist, noch ist die EM nicht zu Ende, auch wenn das anvisierte Ziel Halbfinale nun außer Reichweite liegt. Am Montag (20.30 Uhr/ARD) geht es in Wien gegen Gastgeber Österreich, zum Abschluss der Hauptrunde wartet am Mittwoch Tschechien (20.30 Uhr/ARD). Deshalb stellte Prokop seinen Spielern am Sonntag die Gretchenfrage: „Was machen wir jetzt mit der Europameisterschaft?“ Die Antwort darauf fiel eindeutig aus. „Auch wenn das Halbfinale weg ist, möchten wir so starke Auftritte wie bislang in der Hauptrunde hinlegen“, stellte Uwe Gensheimer klar.

Zumal es nicht egal ist, mit welchem Eindruck die deutsche Auswahl aus dem Turnier geht. „Das Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele ist in zweieinhalb Monaten. Wir wollen in dieses Turnier mit einem guten Gefühl gehen. Und dieses gute Gefühl wollen wir uns hier bei dieser EM holen“, so Prokop.

Vor allem das Duell mit dem Co-Gastgeber wird ein Charaktertest für das deutsche Team. „Für die Österreicher ist das das Spiel des Jahres. Die werden alles daran setzen, die große Handball-Nation Deutschland zu ärgern und zu schlagen“, stellte Prokop klar. DHB-Vizepräsident will ebenfalls sehen, wie sich die Spieler nach so einem Aus charakterlich verhalten und ob sie sich neu motivieren können: „Österreich in Österreich. Das ist der beste Gegner, um all diese Fragen zu beantworten.“ Sollte die DHB-Auswahl die beiden ausstehenden Hauptrundenpartien gewinnen, würde sie sich für das Spiel um Platz fünf qualifizieren, welches wie die Halbfinals und das Endspiel in Schweden ausgespielt wird.

Ein Trip, auf den der frustrierte Kreisläufer Hendrik Pekeler direkt nach dem Schlusspfiff wenig Lust hatte. „Ich habe ehrlich gesagt keinen Bock, nach Stockholm zu fahren. Da fährt man nicht für ein Spiel um Platz fünf hin“, sagte er enttäuscht. Nach Prokops Gretchenfrage dürfte er vor dem Duell mit Österreich anderer Meinung sein. So schnell ändern sich manchmal die Dinge im Sport.

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Erstellt:
20.01.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 20.01.2020, 06:00 Uhr

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