Prince Avalanche

Prince Avalanche

Tragikomisches Roadmovie um zwei Loser, die in der Einöde die Fahrbahnmarkierungen von Landstraßen erneuern.

21.09.2013

Von Klaus-Peter Eichele

Wie so viele Helden des amerikanischen Independent-Kinos seit Jim Jarmusch wurden Alvin und Lance vom Leben nicht mit Samthandschuhen angefasst. Zwar gehen sie einer geregelten Arbeit nach ? doch die erscheint auf skurrile Art sinnlos. In einer fast menschenleeren Gegend der USA, wo nur alle paar Stunden ein Auto vorbeikommt, pinseln sie Mittelstreifen auf die Landstraße ? stunden-, tage-, wochenlang. Für seltene Abwechslung sorgt ein Trucker, der einem Serienkillerfilm entsprungen sein könnte, aber statt dem Hackebeilchen dann doch nur die Schnapsflasche zückt.

Zum Leben und zur Arbeit haben die beiden ein recht unterschiedliches Verhältnis. Der spätpubertierende Lance (Emile „Into The Wild? Hirsch) ist abwechselnd aufgekratzt und missmutig, denkt den ganzen Tag nur an Sex, der ihm in der Einöde entgeht. Alvin (Paul Rudd) ruht dagegen auf etwas spießige Art in sich selbst: seine Gedanken kreisen um seine Frau, der er poetische Briefe schreibt, und er genießt die trotz eines Waldbrands, der die Gegend kürzlich heimgesucht hat, die verblüffend pittoresk gebliebene Natur. Trotz der Gegensätze kommen die beiden vorerst ganz passabel miteinander aus. Als Alvin aber erfährt, dass ihn seine Gattin (die Lances Schwester ist) verlassen will, beginnen es zwischenmenschlich zu brodeln.

Zum aufreibenden Drama gedeiht der auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären dekorierte Film von David Gordon Green deswegen aber nicht. Obwohl der Regisseur auch mit Genre-Versatzstücken aus Western oder Mysterykrimi jongliert, ist „Prince Avalanche? in erster Linie, die etwas konstruierte Ausgangslage deutet?s an, eine existenzialistische Parabel im Kleinstformat. Allerdings eine ziemlich kurzweilige: Wie die Regeln des Zusammenlebens zwischen den Kontrahenten immer wieder aufs Neue ausgehandelt werden, zuweilen handgreiflich, vorwiegend aber mit den Mitteln rustikaler Alltagsphilosophie ? das sprüht vor Grips und (Dialog-)Witz.

Dank der vorzüglichen Hauptdarsteller haben die beiden unterschiedlichen Männertypen von der Rückseite des amerikanischen Traums aber durchaus auch ein Eigenleben. Im perfekt rhythmisierten Wechselspiel mit der morbid idyllischen Landschaft ergibt sich daraus eine entspannt groovende Tragikomödie, die sich vor den besten Werken Jim Jarmuschs nicht zu verstecken braucht.

Eine Wir-AG probt in der Wildnis den Prozess der Zivilisation ? tragisch, komisch, gut.

Prince Avalanche