Inklusion

Premium auch für Rollstühle

Das Tübinger Landratsamt hat nicht nur holperige Wanderwege, sondern auch topfebene Spazierwege im Angebot.

23.09.2019

Von and

Rollstuhlfahrer brauchen asphalierte Strecken, um hinaus in die freie Natur zu gelangen – so wie hier auf dem Weg von Oberndorf in Richtung Seebronn. Bild: Andreas Straub

Rollstuhlfahrer brauchen asphalierte Strecken, um hinaus in die freie Natur zu gelangen – so wie hier auf dem Weg von Oberndorf in Richtung Seebronn. Bild: Andreas Straub

Wer in seiner Mobilität eingeschränkt ist, für den können schon vermeintlich kleine Hindernisse ein Problem sein. Aber es gibt einige Wege, die für alle geeignet sind. Ein schöne Strecke hat der Kreisbehindertenbeauftragte Willi Rudolf zum Beispiel bei Oberndorf entdeckt: den asphaltierten Radweg, der nach Seebronn führt.

Die Route „Über den Arbach“ ist Teil der neuen Broschüre „Barrierefreie Spazierwege: Freizeit-Angebote für alle“, die das Landratsamt herausgebracht hat. Diese enthält insgesamt 14 barrierefreie Spazierwege, etwa am Goldersbach, im Weggental, auf den Härten, am Saurucken bei Entringen und am Heuberger Tor. Zumeist handelt es sich nicht um Rundwege, sondern um Strecken, bei denen individuell umgekehrt werden kann.

Zusammen mit dem Tübinger Landrat Joachim Walter hatte Rudolf am Freitagnachmittag zur „inklusiven Wanderung“ eingeladen. Los ging es am barrierefreien Gasthaus „Sonne“ des Oberndorfer Solar-Unternehmers Thomas Hartmann. Von der Terrasse führt ein mit Hackschnitzeln ausgelegter, kurzer Weg zur eigentlichen Strecke. Einige nahmen aber auch die Abkürzung über die Wiese. „Bergab ist das kein Problem“, sagte Andreas Braun aus Wolfenhausen, der selbst einen Rollstuhl benutzt.

Die Gruppe verteilte sich schnell, je nach Beweglichkeit der Wanderer. An den leichten Anstiegen halfen einige Fußgänger den Rollstuhlfahrern. Wer auf der etwa zwei Kilometer langen Strecke nicht mehr wollte oder konnte, kehrte einfach um. „Das schönste ist, in einer Gruppe zusammen unterwegs zu sein“, sagte Marlene Kurz aus Hirrlingen. Das fand auch Frank Muschenich, dem die Gruppe ein Ständchen zu seinem 51. Geburtstag anstimmte.

Störend waren allerdings die Autos, die gelegentlich vorbeifuhren und die Wanderer an den Straßenrand zwangen. Offenbar nutzen recht viele die Abkürzung zwischen Oberndorf und Seebronn – rechtswidrig. Etwa nach einem Drittel der Strecke kommt ein Wegkreuz mit Sitzbank im Schatten, danach ist der ruhig fließende Arbach zusehen, ansonsten vor allem offene Felder und Wald. Bei gutem Wetter reicht der Blick auf die Wurmlinger Kapelle.

„Ich bin zufrieden mit dem Wetter und der Beteiligung“, sagte Rudolf. Er wolle die Vielfältigkeit von Behinderungen, aber auch die Möglichkeiten der Beteiligung zeigen. Es habe sich im Landkreis viel Positives entwickelt. Die bei Linienbussen vorgeschriebenen Klapprampen helfen beispielsweise auch Menschen mit Kinderwagen oder Rollator. Rudolf forderte: „Die Gemeinden sollten einen Zahn zulegen.“

Die so genannten Premium-Wanderwege des Landkreises seien vielleicht schön, könnten aber von Gehbehinderten nicht genutzt werden. Voraussetzung für das „Premium“-Zertifikat ist es, dass der Weg möglichst wenig asphaltiert ist. „Der Anspruch, möglichst nah an der Natur zu sein, und die Barrierefreiheit schließen sich aus“, räumte Iris Becht ein, die Tourismusbeauftragte beim Landkreis. Deshalb gelte es, auch kürzere Spazierwege zu finden, die möglichst eben asphaltiert seien und bei denen wenige Höhenmeter überwunden werden müssen. Am besten mit einer Bus- oder Bahn-Haltestelle in der Nähe. Diese fehlt bei der „Sonne“ zwar, aber afür gibt es dort barrierefreie Parkplätze und Toiletten.

Die Broschüre enthält auch Tipps für barrierefreie Stadtführungen, Museen, Theater und Kinos. „Tipps für weitere Möglichkeiten sind erwünscht und können gerne bei mir gemeldet werde“, sagte Becht.

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Erstellt:
23.09.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 23.09.2019, 01:00 Uhr

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